Donnerstag, 27. August 2009

Bevor ich zu meinen Tagesberichten komme, moechte ich ein paar Eigenheiten schildern, die ich als bemerkenswert empfinde. Haende sind hier in vielerlei Hinsicht von grosser Bedeutung, zum einen wird die linke Hand als schmutzige (Klo-)Hand gesehen, dh man sollte immer die rechte Hand benutzten unabhaengig davon ob man bezahlen, etwas entgegennehmen oder sonst etwas machen will; benutzt man die linke Hand sendet das an den Empfaenger eine Botschaft der Respektlosigkeit, man vermittelt das Gefuehl den anderen bzw. die von ihm erbrachte Leistung (als Verkaeufer oder dergleichen) nicht zu schaetzen. Haendchen-Halten hat hier eine ganz andere Bedeutung als in Deutschland; hier wird dadurch einfach nur ein freundschaftliches Verhaeltnis ausgedrueckt und nicht notwendigerweise ein romantisches, so dass ich immer wieder Maenner haendchen-haltend durch die Strassen gehen sehen. Besonders witzig war es, als vor mir in Mankessim zwei maennliche Soldaten haendchen-haltend patroullierten; leider konnte ich es nicht fotografieren, da Fotos von Polizei, Militaer oder anderen Autoritaeten sofort beschlagnahmt werden, und dann ist auch ganz schnell nicht nur das Foto geloescht, sondern die Kamera beschlagnahmt. Da das Hand-Halten ein Zeichen von Freundschaft ist, wird auch zur Begruessung die Hand gereicht und oft kommt es vor, dass der andere laenger an der dargebotenen Hand festhaelt, als wir es in Deutschland gewohnt sind. Interessant ist auch eine andere ghanaische Verhaltensweise, wann immer jemand etwas schlechtes berichtet, bekunden Ghanaer ihr Mitgefuehl indem sie, "I'm sorry." sagen, so als seien sie dafuer verantwortlich. Durch meine Knieverletzung, die durch mein Humpeln sehr offensichtlich war, hoerte ich dieses "I'm sorry" sehr haeufig, aber daran gewoehnt habe ich mich noch nicht ganz.

Meine Anlaufstelle fuer das Hochladen von Blogeintraegen und vor allem von Fotos ist Cape Coast, von dort habe ich auch den letzten Eintrag abgeschickt. Der Tag in Cape Coast war sehr erfolgreich, da wir ein Internet-Cafe fanden, das sich als sehr schnell herausstellte. Die Verbindung war so stabil und schnell, dass ich sogar deutsche und internationale Nachrichten lesen konnte, was eine willkommene Abwechslung war. Den Tag nutzten wir zudem dazu uns zu erkundigen wie viel ein gebrauchter Computer fuer unsere Einsatzschule kosten wuerde, also ein komplettes Paket aus Tower, Monitor, Maus und Tastatur. Unsere Vorgaenger hatten naemlich einen Computerraum gebaut und der Schuldirektor einen durch Spenden aus dem Dorf finanzierten Computer erworben; da wir bei unseren Projekten auf Nachhaltigkeit achten sollen, haben wir uns ueberlegt durch einen oder mehrere weitere Computer und verstaerkten "Informatik-Unterricht" (insbesondere der Lehrer) eine Grundlage fuer kommende Jahre zu bilden. Also holten wir ein Angebot in Cape Coast ein und ein weiteres in Mankessim, wobei das letztere ein wenig guenstiger war. Mit dem Schuldirektor vereinbarte ich telefonisch ein Treffen fuer Freitag, allerdings sollte ich um den genauen Zeitpunkt abzuklaeren am naechsten Tag anrufen.
Abends in Ajumako luden uns Frank und sein Bruder ein erst beim Coach vorbeizuschauen und dann noch zu einem Gospelfest zu gehen, Cora und Bugs lehnten dankend ab, waehrend Enrico und ich zustimmten. Aus dem kurzen Vorbeischauen beim Coach wurden schnell wieder zwei Stunden voll mit interessanten Gespraechsthemen, so dass es Frank zu spaet war um noch zum Gospel zu gehen. Allerdings war das nicht weiter tragisch, da das Fest ueber drei Tage stattfand und Frank also noch zwei Abende hatte um uns mitzunehmen.

Den Donnerstag wollten wir alle in erster Linie zum Waschen/Buegeln, also fuer Hausarbeiten nutzen, allerdings machte der erste laengere Stromausfall uns einen Strich durch die Rechnung. Zwar hatten wir bereits mehrere Stromausfaelle gehabt, aber noch keinen der wie dieses Mal ueber mehrere Stunden ging. So war es eine willkommene Abwechslung, dass Frank und sein Bruder Emmanual vorbei kamen um sich bei uns die Zeit zu vertreiben. Nebst Fussball, Musik und Politik wurde auch die deutsche Geschichte wieder thematisiert, aber dem Umgang mit diesem Thema moechte ich in naher Zukunft einen expliziten Blogeintrag widmen, deshalb gehe ich jetzt nicht naeher darauf ein. Als wir nachmittags endlich wieder unter Strom standen, konnte ich meine geplanten Hausarbeiten erledigen, und dann stand fuer Enrico auch schon das taegliche Fussballtraining auf dem Plan, ich bin leider noch zum Zuschauen verdonnert, da der Arzt hat mir ein vierwoechiges Sportverbot erteilt hat.
Nach dem Abendessen gingen Bugs, Enrico und ich mit Frank, Emmanual und Osei zum Gospelabend. Dort waren wir eine echte Attraktion, so wie wir Fotos von der Veranstaltung machten, so wurde im gleichen Masse von uns Fotos gemacht, was uns dazu bewegte jegliche Scheu bezueglich des Fotografierens abzulegen. Der Abend war sehr stimmungsvoll: Leidenschaftliches Singen und Tanzen, das uns zur Freude aller schnell ansteckte, so dass wir mit tanzten, klatschten und bei den wenigen englischen Liedern auch mitsangen. Um es mit Franks Worten wiederzugeben: "You have to go crazy for the Lord!", auch wenn wir es in erster Linie als kulturelles und nicht als religioeses, spirituelles Erlebnis auffassten. Ich hoffe zu einem spaeteren Zeitpunkt Videos von dem Abend hochladen zu koennen, denn die Hingabe und Freude der Menschen ausreichend mit Worten wiederzugeben ohne dabei zu cliche-lastig zu werden faellt mir sehr schwer. In jedem Fall war es ein besonderes kulturelles Erlebnis, an das ich mich noch lange mit einem Laecheln erinnern werde.

Freitags stand nun das Treffen mit dem Headmaster um 10.00 Uhr an, fuer einen Ghanaer war er auch recht puenktlich, er kam um 10.30 Uhr, und bat um Entschuldigung, da er aus einem etwas weiter entfernten Dorf hatte kommen muessen. Mit ihm sprachen wir unsere Plaene fuer die noch verbleibenden Ferienwochen durch und auch moegliche Langzeitprojekte, die das ganze Jahr ueber laufen sollen. Unsere Idee des Ferien-Unterrichts mussten wir leider verwerfen, da unser Schuldirektor der Meinung ist, wir sollten die Kinder und ghanaische Unterrichtsmethoden erst ein wenig kennen lernen bevor wir selbst unterrichten. Unsere Alternative fuer die kommende Zeit war die Neu-/ Umgestaltung einiger Raeume nach dem Vorbild eines Projekts unserer Vorgaengerinnen im Zuge dessen sie in einem der Kindergartenraeume das Alphabet sowie die englischen Zahlen 1-10 an die Wand geschrieben hatten. Zusaetzlich werden wir mit Hilfe des Direktors eine Inventur machen um die Schulbaenke/ -tische zu ueberpruefen und ggf. zu reparieren. Nach diesem erfolgreichem Gespraech war meine bisherige (nicht mehr starke, aber dennoch vorhandene) Frustration verflogen und ich freute mich auf Montag, den Tag der Schluesseluebergabe und gleichzeitig der Beginn produktiven Arbeitens.

Ueber das Wochenende bekamen wir Besuch aus Accra. Mira, eine der Freiwilligen von dort, wollte sich mal anschauen wie wir auf dem Land so leben. Abends nahmen wir sie dann gleich mal mit zum immer noch andauernden Gospelfest, zwar tanzten wir auch dieses Mal (alle bis auf Cora), allerdings blieben wir nicht so lange wie am Tag zuvor und entschlossen uns im Anschluss mit Frank, Emmanual, Osei und Ibrahim in eine Bar auf ein Guinness oder wahlweise auch Chairman (Bier mit Ingwerextrakt) zu gehen (Cora hatte sich da bereits verabschiedet und war nach Hause gegangen). Emmanual, der sich beim Gospel im Vergleich zu seinem Bruder sehr zurueckhaltend praesentiert hatte, zeigte zu Hip-Hop und R'n'B, dass er ein hervorragender Taenzer ist.

Samstags nahmen wir Mira mit zum Anomabo Beach Resort, wovon sie begeistert war, da die Straende in Accra nicht annaehernd so sauber sind und man kaum seine Ruhe hat, da staendig jemand etwas verkaufen will. Durch die Bank weg holten wir uns alle Sonnenbrand, wenn auch in unterschiedlicher Staerke, wobei Cora den schwersten hatte, dicht gefolgt von Enrico. Samstagnachmittag war eine letzte Trainingseinheit fuer Enrico vor dem Spiel am Sonntag und abends brachten wir unseren ghanaischen Freunden das Kartenspiel Arschloch ein wenig naeher. Sonntagnachmittag war das Spiel und eigentlich sollte Enrico auch eingesetzt werden, allerdings stellte sich das Spiel als aeusserst rough heraus, so dass der Coach sich im Hinblick auf Enricos Gesundheit entschied ihn nicht einzuwechseln. Mira musste uns leider nachmittags wieder verlassen um nach Accra zurueckzukehren, zumindestens versprach sie uns bald wiederzukommen, denn in Accra hat sie nie so viel "Ruhe, Platz, frische Luft, fliessendes Wasser und einfach mal Zeit um zu entspannen."

Montag Morgen stellte der Direktor uns unsere Fanti-Lehrerin vor, die sich in den restlichen Ferienwochen bemuehen wird uns zumindest einige Grundkenntnisse zu vermitteln, da insbesondere die kleinen Kinder nur wenig Englisch sprechen koennen. Des Weiteren zeigte er uns die verschiedenen Raeumlichkeiten und die noch vorhandenen Materialien, damit wir planen konnten, was noch zu besorgen war und wie viel; diese Besorgungen verrichteten wir am nachmittags.
Abends stattete uns Osei einen Besuch ab; auffaellig fuer mich war, wie hoeflich und zurueckhaltend er war im Vergleich zu Frank, der zwar auch sehr hoeflich aber viel lebhafter ist als Osei, der fast schon schuechtern wirkte. Ueber die Gruende kann ich nur spekulieren und ich moechte darauf verweisen, dass es meine persoenliche Einschaetzung ist und man daraus keine generelle Regel ableiten kann: Franks Familie scheint einen anderen finanziellen Hintergrund als Oseis Familie zu haben, da Franks Vater als Buchhalter des Gesdi (Ghana Education Staff Development Institute) ein (vermutlich) relativ hohes Einkommen hat. Aus diesen unterschiedlichen Verhaeltnissen heraus resultieren, meiner Einschaetzung nach, unterschiedlich gute Englischkenntnisse und der unterschiedliche Umgang mit uns "reichen" Weissen; wobei man charakterliche Unterschiede nicht ausser Acht lassen darf, vielleicht ist Osei generell abseits des Fussballplatzes zurueckhaltender als andere.
Dienstag war es dann endlich so weit, puenktlich und zwar wirklich puenktlich um 9.30 Uhr begann unser Fanti-Unterricht und endete um 12.00 Uhr. Neben dem Fanti-Alphabet lernten wir einfache Woerter, die Wochentage, Monate und verschiedene Begruessungsformeln, die hier aus Respektsgruenden durchaus wichtig sind. Nachdem Mittagessen machten wir uns auf um unserer NGO, der wir pro forma noch Rechenschaft schuldig sind, unseren ausgearbeiteten Wochenplan zu geben. Anders als Montagmorgen, als niemand auch nur im Buero gewesen war, trafen wir dieses Mal sogar jemanden an und ueberreichten den Plan kurz und schmerzlos. Mit dem naechsten Trotro fuhren wir nach Ankukrom um dort mit der Neugestaltung eines der Kindergartenraeume zu beginnen, tatkraeftig unterstuetzt wurden wir hierbei von zwei Schuelern. Wir hatten per demokratischer Abstimmung in unserer Vierer-WG uns fuer die Wandfarben Gelb und Gruen entschieden und die Schriftzuege bzw. Zahlen in Blau und Rot. Dank der beiden Schuelern schafften wir es die Tafelwand komplett zu streichen und ungefaehr die Haelfte einer Seitenwand. Alles in allem war es ein sehr erfolgreicher Tag und persoenlich war ich einfach zufrieden endlich etwas Produktives zu schaffen. Abends spielten wir in grosser Runde (Frank, Emmanual, Ibraham, Osei, Asante) Arschloch, so lange bis es Osei zu bloed wurde immer zu "suffern": Wer verliert muss mischen und aus dem englischen shuffel wurde dann schnell suffer. Interessant zu beobachten war, dass in der grossen Runde von Oseis Zurueckhaltung des vorangegangenen Abends nichts zu sehen war.
Mittwochvormittag lernten wir wieder Fanti, wobei wir ein wenig die aus Deutschland gewohnte Struktur des Unterrichts vermissten. Erheitert wurden unsere Unterrichtsstunden durch einen Ueberraschungsbesuch unserer Mentorin, die gerade in der naeheren Umgebung war und ueberpruefen wollte, ob wir auch tatsaechlich arbeiten oder zu Hause herumsitzen. Dabei machte sie Bugs "charmant" darauf aufmerksam, dass er aufgrund seiner Augenentzuendung nicht so gut aussehe, dies tat sie drei Mal in den zwanzig Minuten ihres Besuches und ein viertes Mal per SMS, nachdem sie bereits wieder unterwegs war. Nachmittags wandten wir uns wieder den Waenden des Kindergartenraums zu, allerdings hatten wir keinerlei Unterstuetzung von Seiten der Schueler, zwar kamen zwei, die uns zuschauten, aber selbst kein Interesse hatten zu streichen. Zurueck in Ajumako war das Freundschaftsspiel unserer Mannschaft schon im Gange und wir lagen bereits ein Tor hinten, bald darauf fiel das zweite Tor. so dass selbst der Anschlusstreffer die Gesamtleistung nicht wirklich beschoenigen konnte. Frank hatte sich, aus unerklaerlichen Gruenden, bereit erklaert das Spiel als Schiedsrichter zu leiten und spaetestens in der zweiten Halbzeit bereute er es: Hier in Ghana wird generell erwartet, dass der Schiedsrichter die Heimmannschaft bevorzugt, Frank nahm sich das sehr zu Herzen und uebersah viele Fouls und sogar grobe Taetlichkeiten, so dass die gegnerische Mannschaft und deren Fans aufgebracht das Spielfeld stuermten um mit ihm zu diskutieren, nach mehreren Minuten war immer noch keine Loesung in Sicht woraufhin Frank sich letztendlich gezwungen sah das Spiel abzubrechen. Nach dem Abendessen sassen wir gerade im Wohnzimmer, als es klopfte, wir dachten es seien Frank, Emmanual, Osei und Ibrahim, die sich bereits nachmittags angekuendigt hatten, aber stattdessen standen zwei uns vollkommen unbekannte Maenner vor der Tuer und fragten, ob wir ihnen erlauben wuerden die Nacht auf unserer Veranda zu verbringen. Sie sagten sie seien Teilnehmer des christlichen Fest/ Treffens, das in unmittelbarer Naehe von unserem Haus war bzw. noch ist (bis zum 30. August), und fuer die Nacht haetten sie keine Unterkunft haetten. Nach kurzem Ueberlegen, entschieden wir uns es ihnen zu gewaehren, da wir nicht wussten, ob es ueberhaupt vertretbar gewesen waere "Nein" zu sagen, schlieslich sind wir nach wie vor fremd in der Kultur und es handelte sich nur um eine Nacht auf der der Veranda. Konfrontiert mit der Anfrage und vor allem dem Dank "Thank you, God bless you." hatte ich ein unbehagliches Gefuehl, denn es fuehrte mir meine "erhoehte" gesellschaftliche Position stark vor Augen, wer will schon die Entscheidungsmacht darueber haben, ob eine Familie im Regen schlafen muss oder zumindest eine Ueberdachung hat um trocken zu bleiben. Insbesondere das "God bless you" empfand ich als unangenehm, da es sich um eine Kleinigkeit handelte. Hinzufuegen moechte ich noch, dass die "Veranda-Familie" keinen armen oder hilfsbeduerftigen Eindruck machte, sondern wahrscheinlich die Zeit des Festes campend verbracht hat, allerdings ohne Zelt, so dass sie bei Regen eine Ueberdachung brauchten.
Donnerstagvormittag hatten wir wieder Fanti-Unterricht und brachen von dort direkt nach Cape Coast auf.

Mittwoch, 19. August 2009

Nachdem ich den letzten Eintrag veroeffentlicht hatte, ist mir auf dem Rueckweg nach Ajumako aufgefallen, dass ich leider etwas falsch dargestellt habe, und zwar die Existenz von Strassen- und Verkehrszeichen. Zwar stimmt es, dass im laendlichen Bereich (also auch bei mir in Ajumako) fast keine Schilder, Begrenzungen und Markierungen vorhanden sind, aber voellig ausser Acht gelassen habe ich dabei, die grossen Verbindungs- Ueberlandstrassen zwischen Staedte, dh Mankesim, Cape Coast und Accra etc. Natuerlich gibt es dort Verkehrszeichen, Fahrbahnmarkierungen und dergleichen, ob man sich daran haelt ist wiederum ein anderes Thema. Bevor ich zur Zusammenfassung der letzten Tage komme, moechte ich eine Gegebenheit schildern, die mir seit Ankunft hier nahezu taeglich begegnet: Ich sehe Kinder, junge Maenner/Frauen und Erwachsene mit Macheten, weil diese ein universell einsetzbares Werkzeug sind. Meine Assoziationen sind jedoch durch die mediale Praegung, die ich bisher in meinem Leben erfahren habe, automatisch negativ, ich denke an blutige Auseinandersetzungen, Buergerkriege etc. Worauf ich hinaus will, ist folgendes: Die von uns konsumierten Nachrichten haben einen beschraenkten Blickwinkel und erschaffen so Stereotypen, die nur schwer abzulegen sind, auch wenn man sich derer bewusst ist. Wir in unserer WG haben mittlerweile auch eine Machete, um Kokosnuesse und der gleichen aufzuschlagen.

Beim Aufenthalt in Cape Coast (08.08.) haben Bugs, Enrico und ich es nach zwei Wochen endlich geschafft eine Klobrille zu erwerben, unsere Freude und Erleichterung war dementsprechend gross, denn ohne Klobrille kann es schon sehr unbequem sein und zwei Wochen waren schon lange genug. Abends gingen Enrico und ich zum Fussballcoach, der uns eroeffnete, dass am naechsten Tag ein Spiel sei und er uns gerne einsetzen wolle, verdaechtig oft sagte er dabei: "Just be smart and protect yourself" wie relevant das werden wuerde, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht im Entferntesten ahnen.
Doch Fussball blieb nicht das einzige Gespraechsthema Coach Anderson zeigte echtes Interesse an uns und fragte ausgiebig nach unseren Aufgaben und Zielen als Freiwilligen. Gleichzeitig ermoeglichte er uns einen ghanaischen Einblick in die Thematik der Kinderarbeit und den damit unweigerlich verbundenen Aspekten von Erziehung und Bildung. Fuer ihn als Ghanaer stellen die Eltern das groesste Problem dar, da sie den Kindern eigentlich als Vorbildern dienen sollen, das aber nicht koennen. Insbesondere die Maenner kritisierte er harsch, unter anderem sagte er, dass einzige was die ueber Elternschaft wuessten, waere wie man Kinder zeugt und die Muetter dann verlaesst. (Wohlgemerkt, nicht meine Ansicht, sondern Mr. Andersons, der Ghanaer ist) Ein weiteres Problem in Mr. Andersons Augen ist die Disziplinlosigkeit: "Poverty is one thing, but you shouldn't lose your ethics, your discipline. You gotta have your principles." Das Gespraech war sehr beeindruckt und ich habe das Gefuehl einiges dabei gelernt zu haben, insbesondere durch die offene, schonungslose Darstellung der Verhaeltnisse ,die mir als Aussenstehendem niemals moeglich waere und vor allem nicht zustaende.

Sonntags um 6 Uhr morgens war dann eine "kleine Aufwaermeinheit" angesetzt, die haette mir als Sportprogramm fuer den Rest des Tages eigentlich schon gereicht. Um ca. 14 Uhr war dann Treffpunkt, letztes Aufwaermen, Trikotausgabe und schon gings mit dem Trotro nach Essiam zum Spiel. Die erste Halbzeit verlief ereignislos und auch die zweite Begann recht ruhig, bis unser Team das 1:0 erzielte, zu diesem Zeitpunkt sass ich noch seelenruhig auf der Bank, auch wenn schon mehrere Zuschauer meinen Einsatz forderten, weil alle den Obroni spielen sehen wollten. Als noch zehn Minuten zu spielen waren, vielleicht war es auch weniger, wurde ich eingewechselt (Enrico war nicht im Kader fuer das Spiel, sass aber als Unterstuetzung auf der Bank). Wenige Minuten spaeter entschied der Schiedsrichter nach einer Ecke der gegnerischen Mannschaft auf Tor, obwohl unser Verteidiger den Ball ganz klar noch vor der Linie noch geklaert hatte, diese krasse Fehlentscheidung sorgte fuer Tumulte und fuehrte zu einer Spielunterbrechung in der ich mich weit weg von allen Streitigkeiten hielt. Nach mehreren Minuten Diskussion wurde das Spiel beim Stand von 1:1 fortgesetzt, kurz darauf bekam ich einen guten Ball in den Lauf gespielt, ich hatte gerade noch Zeit zu schiessen, bevor mein Gegenspieler mich von den Beinen holte, ich wusste sofort, dass ich nicht mehr weiter spielen konnte. Nach meiner Auswechslung lief das Spiel nur noch kurze Zeit. Sofort nach dem Abpfiff kam es auf dem Spielfeld zu Handgreiflichkeiten, von denen Enrico und ich natuerlich so weit wie moeglich Abstand nahmen. Fussball ist nun mal weltweit ein Sport der das gleiche Klientel anzieht, ganz egal ob Deutschland oder Ghana Proleten gibt es ueberall. Traurig, aber fuer mich auch nachvollziehbar war die Freude der gegnerischen Fans mich verletzt ausgewechselt zu sehen, in wiefern dabei meine Hautfarbe eine Rolle spielte kann ich nicht sagen. Zurueck in Ajumako trug mein Coach eine Salbe auf meine Verletzung auf und massierte mich ein wenig, an sich fuehlte sich das Knie auch in Ordnung an. Je laenger Tag aber wurde umso groesser wurden die Schmerzen, trotz Voltarengel. Nachts um drei wachte ich voller Schmerzen auf, so dass ich mich gezwungen sah Schmerzmittel zu nehmen, in dem Moment hatte ich wirklich die Befuerchtungen mein Knie kaputt gemacht zu haben und sogar Ausreisen zu muessen.
Als ich jedoch am naechsten Morgen (Montag) aufwachte waren meine Schmerzen nicht mehr annaehernd so gross, wirklich ruehrend war die Zuwendung seitens meines Coaches, seiner Frau und der Spieler, die mehrmals anriefen und sogar vorbeischauten, um sich zu erkundigen wie es mir ginge. Vorsichtshalber rief ich meine Mentorin an um sie zu informieren, dass ich mir das Knie verdreht hatte und vielleicht zum Arzt muesste, woraufhin sie mir anbot mich am Freitag mit nach Accra zu nehmen, da kein Arzt in der naeheren Umgebung fuer eine solche Verletzung geeignet sei. Ich erklaerte, dass ich die weiteren Tage abwarten wolle und sie nochmal anrufen werde um sie zu informieren.

Sonntags und Montags habe ich das erste Mal hier Kleidung gewaschen, Waschen bedeutet hier Handwaesche, was ich zuvor noch nie gemacht hatte. Mittlerweile muss ich darueber lachen, dass ich vor der Abreise gehofft hatte eine Waschmaschiene zu haben. Dienstags ging es meinem Knie schon viel besser, zwar hatte ich noch Schmerzen beim Beugen und der vollkommenen Streckung des Beines aber insgesamt war mein Zustand stark verbessert, auch wenn ich noch immer humpelte. Integrationstechnisch betrachtet war das Fussballteam ein absoluter Gluecksfall, wann immer wir jetzt durch Ajumako gehen treffen wir einen oder mehrere Mitspieler und unterhalten uns kurz, dadurch werden wir auch fuer die restlichen Einwohner nahbarer. Fussball verbindet und schafft Bruecken!

Leider muss ich auch berichten, dass ich teilweise sehr frustriert bin, da unsere NGO es bisher nicht schafft uns einen Fantikurs zu bieten oder sonst eine Aufgabe oder Taetigkeit, so dass wir uns selbst beschaeftigen muessen. Zwar gibt es einen Mitarbeiter bei der NGO, der sowohl faehig als auch engagiert ist, allerdings ist er auch dementsprechend viel unterwegs und kann auch keinen Einfluss auf unsere Beschaeftigung nehmen. Donnerstags organisierte unsere NGO einen Fahrer, der uns zu verschiedenen Betrieben bringen sollte, die mit unserer NGO kooperieren. Leider konnten wir nur einen Betrieb besichtigen und zwar die Holzschnitzerei, deren Produkte in Accra auf dem Kunstmarkt verkauft werden. Kaum hatte ich gefragt, ob es denn in Ordnung sei, wenn ich Fotos machte, wurde ich von jedem Mitarbeiter aufgefordert ein Bild von ihm bei der Arbeit zu machen; es war also nicht nur in Ordnung, sondern sogar erwuenscht.

Freitags ging es also fuer mich nach Accra, wie nicht anders zu erwarten, musste ich auf einen Termin beim Arzt warten und zwar bis Montag 13.30 Uhr. Die Zeit bis dahin verbrachte ich bei anderen Freiwilligen, deren Projekt in Accra angesiedelt ist.
Ueberrascht war ich bei den anderen Freiwilligen bezueglich der Wohnsituation: Zum einen haben sie nur einen Bruchteil dessen an Raum zur Verfuegung was wir in Ajumako haben und zum anderen haben sie, obwohl sie in der Hauptstadt sind kein fliessendes Wasser. Dafuer aber haben sie den klaren Vorteil nicht jeden Morgen vom Hahn, sondern vom Muezzin geweckt zu werden, was auch fuer mich eine willkommene Abwechslung war.
Das Zusammenleben der Religionen, also in erster Linie, der verschiedenen christlichen Kirchen und des Islams, empfinde ich bisher als ein sehr tolerantes und respektvolles. Lediglich jede Form von Atheismus stoesst hier auf Unverstaendnis, da Ghanaer sich nicht vorstellen koennen an kein "Hoeheres Wesen" also Gott oder Allah zu glauben.
Waehrend meiner Zeit in Accra war ich auch auf dem erwaehnten Kunstmarkt, auf dem ghanaischer Schmuck, Schnitzereien, Malereien und vieles mehr verkauft wird. Hier muss man vorsichtig mit seinem Geld umgehen, denn sonst hat man schnell viel zu viel eingekauft und vor allem viel zu viel bezahlt, denn die Preise kann man durch Handeln doch sehr druecken und das sollte man auch machen. Ich hatte gluecklicherweise nicht viel Geld dabei und beschraenkte mich deshalb auf das Umschauen. Allerdings habe ich fest vor bald noch einmal hinzufahren und auch ein paar Schnitzereien zu kaufen. Die restliche Zeit verbrachte ich mit den anderen Freiwilligen bei ghanaischen Freunden, deren Schneiderei direkt neben dem Kunstmarkt ist.
Montags war dann endlich mein Arzttermin und nachdem ich erst das falsche Krankenhaus hatte, dann im richtigen Krankenhaus zwei Stunden gewartet hatte, teilte mir der Arzt mit, was ich mir schon gedacht hatte, naemlich, dass nach seiner Untersuchung und Einschaetzung alle Baender und der Meniskus intakt sind. Die Schmerzen sind wahrscheinlich aufgrund einer Quetschung und es sollte innerhalb der naechsten sechs Wochen weg sein, dann habe ich auch einen zweiten Termin, sollte es bis dahin nicht besser sein, wird ein MRT-Bild gemacht werden. Auch wenn ich es schon erwartet hatte, war ich doch sehr erleichtert, vor allem konnte ich endlich zurueck nach Ajumako.

Den Dienstag Vormittag verbrachten wir bei einer Veranstaltung der NGO bei der ausschliesslich Fanti gesprochen wurdem, so dass wir nichts verstanden und froh waren als das ganze vorbei war. Nachmittags riefen wir unsere Mentorin an um mit ihr abzuklaeren, ob es in Ordnung sei, wenn wir ab dem folgenden Tag nicht mehr zur NGO gingen, sondern stattdessen an der Schule, an der unsere drei Vorgaengerinnen waren, arbeiteten. Nachdem sie uns die Erlaubnis erteilt hatte klaerten wir intern den Plan fuer die naechsten Tage und beschlossen mittwochs nach Cape Coast zu gehen um dort einige Erledigungen zu machen und vor allem das Internet zu nutzen.
Abends trafen wir uns mit Frank (Fussballspieler) und seinem Bruder um bei unserem Coach Championsleague Qualifikation zu schauen (Celtic - Arsenal). Fussball wurde aber schnell zur Nebensache, denn unser Coach fragte uns wieder aus bezueglich unseres Freiwilligendienstes, vor allem schien ihn zu interessieren, auf welche Weise wir von diesem Jahr profitieren. Dass wir etwas fuer die Gesellschaft hier leisten, konnte er sich gut vorstellen, nur unser persoenlichen "Vorteil" dabei war ihm nicht klar. Wir erklaerten ihm, dass das Jahr reich ist an kulturellen Eindruecken, Lebenserfahrungen und, dass darin unser persoenlicher "Nutzen" liegt. Der Abend war in vielerlei Hinsicht ein Erfolg zum einen, lernten wir neues ueber Ghana, aber vor allem konnten wir eine unserer Hauptaufgaben als Freiwillige verwirklichen, wir konnten unserem Coach und seiner Familie Deutschland naeher bringen. Geschichtliche Themen, wie die NS-Zeit wurden besprochen, aber auch aktuelle wie die weltweite Wirtschaftslage und deren Auswirkung auf Deutschland und nicht zu vergessen kulturelle, bspw, dass es in Deutschland unerhoert waere einen Kellner/Verkaeufer oder dergleichen anzuzischen, was hier allgemeine Praxis ist und auch von uns mittlerweile uebernommen wurde. An diesem Abend ging ich mit einem wirklich guten Gefuehl nach Hause, denn eben fuer diesen kulturellen Austausch sind wir hier.

Samstag, 8. August 2009

Nach meinem letzten Eintrag habe ich ein paar Fragen bekommen bzgl des erwaehnten Nachtfahrverbots vom DED, der Vegetation und des Essens.

Also wir duerfen nachts nicht mit dem Auto unterwegs sein, weil die Strassen und Autos in so einem Zustand sind, dass selbst Ghanaer es vermeiden nachts zu fahren; selbst wenn wir fahren woellten, gaebe es kaum Moeglickeiten, da Trotros ab einer bestimmten Zeit gar nicht mehr fahren. Mit Kriminalitaet hat das Nachtfahrverbot also nichts zu tun, wobei man natuerlich trotzdem im Hinterkopf halten muss, dass man in groesseren Staedten wie Cape Coast sich selbst einem groesseren Risiko aussetzt ausgeraubt zu werden, wenn man nachts mit einer Tasche oder Rucksack unterwegs ist; tagsueber kann man sich bedenkenlos und frei bewegen! Bei uns in Ajumako ist man noch einmal um einiges sicherer, schliesslich handelt es sich um eine sehr kleine Stadt. Umgeben ist Ajumako von tropischer Vegetation und Buschland. Wir sind hier umgeben von sattem gruen, Pflanzen, Baeumen, Palmen. Das teilweise dichte Buschland wird durchzogen von dem gut ausgepraegten Strassennetz, zwar gibt es keine Leitplanken, Fahrbahnbegrenzungen oder Markierungen, dafuer aber Hubbel, die dazu dienen sollen die Geschwindigkeit vor Ortseinfahrten zu verringern, was jedoch zwecklos, da trotzdem jeder darueber hinweg rast. Insgesamt sind die Strassenverhaeltnisses besser als ich es erwartet hatte, zwar gibt es Schlagloecher aber Anzahl und Tiefe halten sich meinem Empfinden nach sehr in Grenzen.

Essen bereitet unsere Gastfamilie zu, drei Mahlzeiten, wir duerfen Zeitpunkt und Essen waehlen, doch bisher bestimmen wir nur die Zeit und nicht das Essen, dazu kennen wir die Gerichte noch nicht gut genug. Es gibt viel Reis, Fisch, Huehnchen, Bohnen, Plantenen (Kochbananen), Yam (googlets ;-)) und Gemuese, aber auch noch anderes Fleisch und Nudeln, lediglich Ziege habe ich gebeten vom Speiseplan zu streichen.

Nachdem ich den letzten Eintrag online gestellt hatte, ging es mit den anderen zum Anomabo Beach Resort. Dort trafen wir andere Freiwillige aus der Umgebung, die allerdings auch alle ziemlich am Ende ihres Jahres, bzw teilweise jetzt schon wieder in Deutschland sind. Das kostenpflichtige Beach Resort war traumhaft schoen, aber auch dementsprechend teuer (fuer ghanaische Verhaeltnisse), so dass dort eigentlich nur Weisse verkehren. Bemerkenswert war der krasse Unterschied der Strandverhaeltnisse, sobald man das Areal des Beach Resorts verlassen hat war der Strand nicht mehr sauber, sondern voll mit Muell, Faekalien und alten Kleidungsstuecken.

Uns Weissen wird hier eigentlich staendig, meist von Kleinkindern, Obroni hinterhergerufen, das bedeutet so viel wie weisser Mann. Was sich bisher als gutes Rezept bewiesen hat, ist wenn man mit Obibini antwortet, das bedeutet naemlich schwarzer Mann. Besonders die Kleinen muessen dann lachen und laufen weg. Uns Neulinge hat das die ersten Tage kaum tangiert, mich sogar ein wenig amuesiert, da ich es gerade den kleinen Kindern nicht uebel zu nehmen kann. Mittlerweile jedoch kann ich unsere Vorgaenger verstehen, die echt genervt waren von den staendigen Rufen.
Den Sonntag verbrachten wir zu Hause mit Einrichten, Aufraeumen und Putzen, dabei wurden wir von den lauten Gesaengen und Gebeten des Gottesdienstes begleitet, der sich ueber mehrere Stunden hinzog. Sonntag war ein wirklich angenehmer Tag, da ich endlich mal Zeit fuer mich hatte, ohne "Termin", ohne offizielle Anlaesse und ohne Herumfahren.
Montags stand ein weiteres Treffen mit der NGO auf dem Plan, das verlief leider nicht so wie erhofft, nachdem wir natuerlich erst einmal wieder eine Weile gewartet hatten, erschien einer der Offiziellen und erklaerte uns, dass er am Wochenende sehr beschaeftigt gewesen war und deshalb den vereinbarten Aktionsplan noch nicht hatte verfassen koennen. Deshalb bat er uns einfach am naechsten Tag zu kommen, so dass wir uns in die Bueroarbeit einarbeiten koennen. Den Nachmittag nutzten wir effektiv fuer uns, dh Enrico, Cora und ich haben gelesen (bin mittlerweile mit zwei Buechern fertig), waehrend Bugs ein wenig Pokemon auf seinem Gameboy spielte. Abends waren wir dann bei unseren Vorgaengerinnen (Lina, Eva und Maggi) zu Gast, die uns in ihre verschiedenen Projekte einfuehrten, Abrechnungen des Projekt- und Krankengelds mit dem DED erklaerten und uns Tipps bzgl In- und Auslandsreisen gaben. Ausserdem erhielten wir wichtige Telefonnummern, sowie eine Liste mit Fahrpreisen fuer die verschiedenen Transportmittel und Ziele. Bugs, Enrico und ich wollen im Dezember eine Westafrikareise machen und wenn moeglich Weihnachten in Timbuktu, Mali, verbringen, zumindest ist das mein erklaertes Ziel.
Dienstagmorgen erschienen wir ghanaisch puenktlich um 9.30 Uhr bei der NGO, da wir ja um neun haetten da sein sollen. Dort trafen wir kurz auf einen Mitarbeiter, der uns mit den Worten er wird gleich zurueck sein einen Raum zuwies und dann mit dem Auto wegfuhr. So sassen wir erst einmal im Konferenzraum ohne Aufgabe und nach kurzer Zeit auch ohne Strom, denn der fiel dann aus. Die freien Minuten nutzen wir um uns Projekte fuer das kommende Jahr zu ueberlegen, so konnten wir das Warten wenigstens fuer uns positiv gestalten. Cora hatte vorausschauend ein Buch eingepackt und fing nach unserer Planungseinheit an zu lesen, waehrend ich mit Bugs und Enrico ein wenig darueber diskutierte wie einem Land wie Ghana zu helfen sei, nicht als Freiwilliger oder entwicklungspolitische Fachkraft, sondern in groesserem Massstab durch politische Programme. Die Diskussion war zum einen aufgrund des komplexen Themas sehr anstrengend, zum anderen sehr frustrierend da wir derzeit noch nicht ueber die Kontakte, Beziehungen, Mittel und den Einfluss verfuegen um unsere Gedanken in konkrete Plaene umzusetzen. Unser Warten auf eine tatsaechliche Einfuehrung wurde lediglich durch einen kurzen Auftritt eines der Boardmitglieder unterbrochen, der uns einen HIV/AIDS Informationskatalog vorlegte und uns die trockene Anweisung gab diesen zu lesen. Nach kurzem Ueberfliegen des Katalogs entschieden wir uns, einmal bei dem Mitarbeiter anzurufen, der vor mehr als zwei Stunden gesagt hatte, er sei gleich zurueck. Auf meine Frage: "When will you be back?" Antwortete er: "I'll be back soon hahahaha" und legte noch immer lachend auf; zehn Minuten spaeter war er da, ich muss zugeben, wir waren alle positiv ueberrascht, denn wir hatten uns bereits auf weitere Stunden Warten eingestellt. Da wir allerdings noch andere Plaene fuer den Tag hatten, verabschiedeten wir uns nach kurzer Zeit und es machte auf uns den Eindruck, als sei der Mitarbeiter darueber ein wenig erleichtert gewesen, denn er wusste ja auch nicht was er mit uns anfangen sollte. So begaben wir uns geschlossen ins Internet-Cafe, wo wir auch eine betraechtliche Zeit verbrachten, auch bedingt dadurch, dass es einen weiteren Stromausfall gab. Im Laufe der Zeit dort trafen wir auf drei Offizielle unserer NGO, mehr als wir zuvor im Buero getroffen hatten. Abends folgten Lina, Eva und Maggi unserer Einladung und kamen zu einem sehr witzigen Abend bei uns vorbei. Gott sei Dank sind die Naechte hier tief schwarz, denn sonst haette der spaerliche bekleidete Obroni der im Laufe des Abends einmal ueber das Fussballfeld lief doch fuer grosse Verwirrung gesorgt.
Mittwochs hatten wir fest damit gerechnet wieder ins Buero der NGO zu gehen und dort unsere Zeit abzusitzen, doch es kam anders. Cora bekam einen Anruf von der Sekretaerin, dass wir an einem Workshop betreffend Gesundheitsvorsorge und Aufklaerung teilnehmen sollen. Dort erschienen wir auch "puenktlich" zwei Stunden nach offziell geplanten Beginn, und das machte absolut nichts, weil wir nicht eingeplant waren und einige geladene Gaeste selbst noch nicht da waren, so dass wir noch 20 Minuten warteten bis der Workshop begann. Die erste Einheit, in der ich mit meinem geringen Schlafpensum der letzten Nacht zu kaempfen hatte, sorgte fuer die erste echte Meinungsverschiedenheit in unserer WG: Auf der einen Seite die Verpflichtung als Teil der NGO dort zu sein und auf der anderen das Gefuehl/ die Interpretation dort einfach abgestellt worden zu sein, da man nicht wusste was man sonst mit uns machen sollte. Besonders schwer war fuer mich dabei meine deutschen Massstaebe abzulegen, durch die ich nur frustriert wurde, weil ich das Gefuehl hatte der Workshop wuerde keinen Erfolg erzielen. Durch das Gespraech mit den anderen auf meinen "deutschen" Blick aufmerksam geworden, ging ich an die Nachmittagssession mit einer neuen Einstellung und schon konnte ich dem Ganzen viel Positives abgewinnen.
Wir Freiwilligen unterbrachen den Workshop um uns von Lina, Eva und Maggi zu verabschieden. Fuer die drei war der letzte Tag ihres Jahres hier gekommen und so halfen wir ihnen beim Auto beladen, machten ein paar letzte Fotos mit den dreien und verabschiedeten uns; das zog die Stimmung fuer den Rest des Tages und auch den kommenden Morgen richtig runter, denn wir alle hatten die drei in der kurzen Zeit doch sehr lieb gewonnen.
Nach dem Workshop sahen wir auf dem Rueckweg, dass das lokale Fussballteam, welches in der 2. Division spielt, Training auf dem Platz direkt bei unsererm Bungalow hatte; nach kurzem Ueberlegen entschlossen wir uns zu fragen, ob es moeglich sei mit zu trainieren. Fuenf Minuten spaeter waren wir Bugs, Enrico und ich umgezogen und hochmotiviert auf dem Feld, mit deutschen Platzverhaeltnissen darf man natuerlich keinen Vergleich ziehen, die meisten Bolzplaetze sind wahrscheinlich in besserem Zustand. Auf jeden Fall waren wir froh, dass wir mittrainieren durften; schon nach kurzer Zeit machte uns das tropische Klima zu schaffen, und das obwohl es eigentlich ein angenehm kuehler Tag war, jedoch war das Spieltempo mindestens genauso hoch wie die Luftfeuchtigkeit, so dass wir schnell erschoepft waren, und dabei hatten wir uns nicht mal mit dem Team aufgewaermt. Rein spielerisch, technisch koennen wir durchaus mit dem Team mithalten, lediglich die klimatischen und koerperlichen Bedingungen stellen sich momentan als sehr grosses Hindernis heraus. Das naechste Training wurde fuer Freitag 15.30 anberaumt.

Freitagmorgen wurde der Workshop recht zuegig mit einer letzten Einheit und anschliessender Evalutation (kein Scherz, dabei dacht ich haette das nach dem Vorbereitungsseminar hinter mir) abgeschlossen. Die Zeit bis zum Training nutze ich um mein Zimmer mit einer kleinen Wandmalerei zu verschoenern und ein wenig zu putzen. Bugs entschied sich nicht mitzutrainieren, deshalb schnuerrten nur Enrico und ich die Fussballschuhe. Das Wetter war uns nicht gnaedig und die Sonne schien erbarmungslos auf uns herab, da will ich mir gar nicht vorstellen wie es erst in der Trockenzeit wird. Dieses Mal gab es auch fuer uns das volle Aufwaermungsprogramm, mit Laeufen, Sprints und Kraftuebungen. Danach wurden zwei Mannschaften eingeteilt und ein Spiel ueber die gesamte Laenge begann, warum hebe ich das hervor, nun ja am vorherigen Tag hatten wir nur ueber die Breite des Feldes gespielt und auf begrenztem Raum schon konditionelle Probleme gehabt. Dieses Mal also zwei Stunden auf die gesamte Laenge und Coach Paco zeigte kein Erbarmen, forderte Attacking Football, everyone forward, everyone back! Nach wenigen Minuten war ich so durchgeschwitzt als waer ich in voller Montur schwimmen gegangen. Erleichtert hoerten Enrico und ich um kurz vor sechs den Abpfiff, da hier in Ghana nahezu jedes Treffen mit Gebeten eroeffnet und beendet wird, bat Paco mich wie schon am Vortag das Closing Prayer zu sprechen, ich fuehlte mich zwar beide Male sehr unbeholfen, aber etwas muss der Coach ja daran gefunden haben. Im Anschluss erklaerte Paco uns, dass am Samstag ein kleines Treffen der Mannschaft anstehe und wir herzlich eingeladen seien.
Samstag Vormittag machte Cora sich auf den Weg einen Freund ihrer Familie in Accra zu besuchen (ihre Familie und sie haben frueher bereits fuenf Jahre in Ghana gelebt) waehrend wir uns auf den Weg nach Cape Coast machten. Von wo ich jetzt auch diesen Eintrag abgeschickt habe, da hier das Internet schneller und zuverlaessiger ist als bei uns in Ajumako (A-Town wie wir es in unserer WG nennen).

Samstag, 1. August 2009

Die besten Nachrichten zu erst, meine weiteren WG Mitbewohner sind hammer gut, ich hätte es kaum besser treffen können, ihr braucht euch also keine Sorgen machen ;-)

Hier kommen also die ersten Nachrichten nach meiner Ankunft in Ghana. Vorne weg schon einmal, vielen Dank fuer die lieben Briefe, Geschenke, Bilder und so weiter, ich habe mich riesig gefreut.

Der Flug verlief, nachdem wir mit Verspätung loskamen, absolut reibungslos, alle Gepäckstücke waren da und wir Freiwilligen kamen ohne Beanstandungen durch Visa- und Zollkontrollen. Die Temperaturen bei unserer Ankunft waren angenehm mild, einigen von uns auch schon fast zu kühl, da sie sich auf Sonne und Hitze gefreut hatten. Draussen vor dem Flughafen wartete unsere Mentorin und zwei weitere weltwaerts Zugehörige. Kaum da wir aus dem Flughafengebäude traten kamen mehrere Ghanaer auf uns zu und wollten fuer ein kleines Entgelt unsere Koffer tragen, allerdings lehnten wir alle höflich aber bestimmt ab.

Nun wurden wir bereits Projektplatz abhängig aufgeteilt zusammen mit Cora, Enrico und Sebastian (aka Bugs) wurde ich zu unserer Unterkunft gebracht, fuer die erste Nacht war das das Haus der Heilsarmee in Accra. Dort trafen wir wieder auf Hanna und Ronja, die ich bereits aus dem Vorbereitungsseminar und natürlich vom Flug kannte, nach dem ersten Abendessen in Ghana (Pizza) ;-) machten wir uns wieder auf den Weg zur Heilsarmee, und auf dem Weg kamen mir echt Zweifel ob ich die 12 Monate hier so einfach durchstehen wuerde, ich hab mir echt gedacht: Robert, what the f... were you thinking, warum bist du nicht auch auf die Philippinen, selbst die Tatsache, dass die anderen Freiwilligen uns beneideten, weil sie bald nach Hause muessen, hat mich nicht wirklich beruhigt. Ich kann jetzt im Moment gar nicht sagen, was es war, aber die ersten Stunden kam ich echt nicht so gut klar, wie ich es mir gedacht hatte.

Zu sechs teilten wir uns ein Zimmer fuer die Nacht; diese war recht ruhig und aufgrund der Wärme schlief ich einen grossen Teil der Nacht ohne Decke. Um ca. 5 Uhr morgens klopfte es an unserer Tür, aber wir entschlossen uns nicht zu öffnen, da wir doch lieber noch bis um sieben schlafen wollten. Am nächsten Morgen holten uns zwei Freiwillige ab, die nur noch wenige Tage in Ghana bleiben werden, da ihr Jahr nahezu vorbei ist. Die beiden brachten uns mit Taxis zum deutschen Haus.

Dort erwartete uns unserer Mentorin, um mit uns das erste von vier Seminaren zu gestalten. Nach Belehrungen und Regelungen der verschiedenen Angelegenheiten, gab es zum ersten Mal wirklich ghanaisches Essen. Sobald alle gegessen hatten und die letzten Fragen geklärt waren, brach meine Projektplatz-Gruppe auf nach Ajumako. Der Fahrtweg aus Accra raus stellte sich als zäh und mühsam heraus, da viel Verkehr herrschte und Verkehrsregeln nur bedingt beachtet werden. Als wir erst einmal ausserhalb Accras waren, lief es um einiges schneller und so kamen wir nach ca. 2h 45min an.

In Ajumako erwarteten uns unsere drei Vorgängerinnen, die uns herzlich in Empfang nahmen, genauso wie unsere Gastmutter Madam Florence und ihre Familie. Untergebracht wurden wir direkt in unserem Bungalow, das sehr geräumig ist jedoch eher karg moebiliert war. Am ersten Tag funktioniert auch das Wasser noch nicht, so dass wir am nächsten Morgen bei unseren "Vorgängern" duschen mussten. Dafuer lief der Strom einwandfrei, nur leider waren recht viele Steckdosen und Glühbirnen kaputt, die ausgetauscht werden/wurden. Neben Gastfamilie und Vorgaengern, trafen wir auch einige Offizielle mit denen wir im Laufe des Jahres noch mehr zu tun haben werden. Abends war dann erst einmal relaxen und gemütlich zusammensitzen angesagt, wir nutzten die Gelegenheit um unsere Vorgänger ein wenig auszufragen und unsere Mentorin ein wenig auf persönlicher und nicht nur dienstlicher Ebene kennen zu lernen.

Mittwoch Morgen begann eine Stunde früher als geplant, denn die vielen Hähne weckten uns um ca. 5 Uhr, halt bei Sonnenaufgang, ich hoffe ich kann da irgendwann durchschlafen, denn sonst werden das hier sehr kurze Nächte. Ausser Hühnern haben wir hier auf dem Compound auch noch jede Menge Ziegen, Hunde, Vögel, Eidechsen und sogar Schweine. Auf dem Tagesplan fuer Mittwoch stand dann ein Schulfest zu Ehren der Freiwilligen, um unsere Vorgaenger zu verabschieden und uns zu begruessen. Das Fest war sehr schoen, die Kinder waren so lebendig und energiegeladen, ich kam aus dem Laecheln, Lachen und Grinsen gar nicht mehr raus, allerdings zog sich das ganze über meherere Stunden, so dass es doch sehr anstrengend war, zu mal nicht alles auf Englisch sondern vieles auf Fanti, der hier ansässigen Lokalsprache war.

Donnerstag verbrachten ich nach einem kurzen Besuch an der Schule in erster Linie in der Barclays Bank in Cape Coast, dort mussten wir mehr als 3h warten da unser Scheck erst einmal nicht ausgezahlt wurde; unsere Mentorin hatte eine Ziffer korrigiert, es jedoch beim Ausschreiben der Zahl korrekt geschrieben und somit war der Scheck an sich fehlerfrei, die Bank wollte das jedoch nicht so sehen und so mussten wir auf eine Direktueberweisung und die Auszahlung warten, was natuerlich viel Zeit in Anspruch nahm. Somit war der Donnerstag recht schnell vorbei, denn wir muessen ja schliesslich vor Einbruch der Dunkelheit, ca. 18.30 Uhr, wieder zu Hause sein, da fuer uns ein striktes Nachtfahrverbot gilt. Als Transportmittel benutzen wir hier meistens TroTros, das sind Minibusse, da passen ungefaehr 15 Leute rein, Fahrer und Geldeinsammler nicht mitgezaehlt. Diese TroTros haben keine festen Fahrplaene, sondern nur Fahrziele, wenn das TroTro voll besetzt ist, wird losgefahren ansonsten wird gewartet; das kann manchmal schon eine Weile dauern. Wenn wir nicht in Staedte wie Cape Coast fahren, sondern in kleine Dörfer dann benutzen wir Taxis, preislich sind die ein wenig teuerer als die Trotros, dafuer hat man keine zusaetzliche Wartezeit. Insgesamt ist das Reisen sehr guenstig und angenehm.

Geduld ist hier eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen, denn sonst regt man sich hier nur auf, Zeit ist relativ und Puenktlichkeit spielt eine untergeordnete Rolle, daran muss ich mich auch noch ein wenig gewoehnen.

Freitags hatte der Schuldirektor uns zu sich zum Essen eingeladen, Fufu, ein typisch ghanaisches Essen, das er witzigerweise selbst noch nie gegessen hat. Fufu koennt ihr ja mal googlen, auf jeden Fall gab es dazu noch eine Art Suppe mit Fleischzusatz, Ziege und Rind. ZIege ist echt nicht so mein DIng, aber der Rest war sehr gut und vor allem saettigend. Die Reaktion meines Magens auf die Umstellung ist bisher ganz in Ordnung, ein wenig flitzt es aber nicht allzu sehr ;-) Das Dorf unseres Headmasters lag ziemlich abgelegen im Busch und ich bin mir recht sicher, dass die Kinder dort zum ersten Mal weisse Menschen gesehen haben, dementsprechend waren sie anfangs sehr schuechtern, doch mit zunehmender Zeit verringerte sich der raeumliche Abstand immer mehr bis sie auf einen halben Meter an uns herantraten.

Freitagabend war dann ein offizielles Treffen mit unserer Partner-NGO angesagt an diesem Treffen nahmen neben NGO-Offiziellen auch noch der District Commander der Polizei, der Direktor des Ghana Education Development Service Institute (Gedsi) teil. Da das Treffen fuer 17.30 anberaumt war, kamen wir um viertel vor sechs und waren noch immer die ersten. Nachdem alle nach einander ankamen, begann das Treffen mit dem obligatorischem Opening Prayer, danach stellte sich jeder der Teilnehmer vor, bis auf die wichtigen Personen wie der Gedsi-Direktor und der District Commander, denen natuerlich die Ehre gebuehrte vorgestellt zu werden. Die Vorstellungsrunde nutzten die Ghanaer um alle ein wenig zu prahlen und ihre verschiedenen Auslandsaufenthalte kundzutun, das galt nicht uns, sondern vielmehr den anderen Ghanaern, da so gleich die Hierarchie festgelegt wurde. Aus dem Vortrag der NGO war deutlich herauszuhoeren, dass wir als Freiwillige eine Rolle haben und diese zu erfuellen haben ohne uns dabei in andere Angelegenheiten der NGO einzumischen und somit Probleme zu kreieren. Mal abwarten was die Zusammenarbeit so bringen wird, unsere Vorgaenger haben naemlich praktisch das ganze Jahr ohne die NGO an der Schule gearbeitet, auch wenn die NGO das anders verkuendet. Deshalb unsere Mentorin der NGO auch ein Ultimatum von acht Wochen gegeben und sollte es mit uns genau so weiter laufen wie mit den anderen, wird die Zusammenarbeit gekuendigt und eine offizielle Partnerschaft mit der Schule eingegangen. Aber bisher scheint die NGO bemueht zu sein die Kooperation weiterzufuehren.