Montag, 21. September 2009
9ter Blogeintrag
Hier in Ghana empfinde ich das Telefonieren im Vergleich mit Deutschland als aeusserst guenstig, das gilt sowohl fuer innerhalb Ghanas, als auch fuer Gespraeche mit der Heimat. Fuer 5 Ghana Cedis (ca. 2,50 Euro) kann man mit dem Netzbetreiber MTN ungefaehr eine Viertelstunde nach Deutschland telefonieren, wie uns Freiwillige der ersten Generation erzaehlten soll der Anbieter Tigo noch guenstiger sein, dies kann ich nach eigener Ueberpruefung als feststehende Tatsache bestaetigen, denn fuer ein 25-minuetiges Gespraech mit meiner Schwester zahlte ich nur etwas mehr als drei Cedis. Gespraeche nach Nordamerika, sprich USA und Kanada, sind noch guenstiger, denn fuer die gelten die oertlichen Tarife (gilt fuer MTN, Tigo habe ich dementsprechend noch nicht getestet). Ob die "Free Night Calls" darin miteingeschlossen sind, weiss ich nicht. "Free Night Calls" ist ein Angebot, das es von mehreren Netzbetreibern gibt, bei dem man zwischen 12 Uhr nachts und sechs Uhr morgens kostenlos telefonieren kann, was dazu fuehrt, dass Ghanaer teilweise die ganze Nacht ueber telefonieren. Auch Bugs kam schon in den Genuss mitten in der Nacht einen Anruf zu bekommen und da er ohnehin kein Morgen-Mensch ist, trug es nicht unbedingt zu einem morgendliche Hochgefuehl bei. Wie beim Vorfall mit Enricos Foen bereits am Rande erwaehnt haben die meisten Ghanaer sehr kurze Haare, auch die meisten Frauen. Insbesondere junge Frauen und Maedchen haben genauso wie ihre maennlichen Altersgenossen bis auf wenige Millimeter kurzgeschorene Haare. Doch selbst bei den aelteren Frauen kann man sich nie sichern sein, ob sie tatsaechlich ihre eigenen echten Haare oder wie die meisten Frauen hier "kuenstliche" Verlaengerungen tragen. Wie sooft kann ich ueber die Gruende nur spekulieren und keine definitiven Antworten geben. Zum einen sind kurze Haare ungemein pflegeleicht, d.h. sie beanspruchen weder viel Zeit noch viel Wasser zum Waschen, zum anderen kann ich mir auch vorstellen, dass lange Haare bei den hier herrschenden Temperaturen eine selbst auferlegte Buerde darstellen, die nur allzu leicht zu vermeiden ist. Des Weiteren ermoeglichen es die "kuenstlichen" Verlaengerungen, Frisuren innerhalb kurzer Zeit mit relativ geringem Arbeits- und Zeitaufwand in staerkerem Ausmasse zu variieren oder fuer besondere Anlaesse herzurichten als es bei natuerlich gewachsenen Haaren der Fall waere. Trotz alle dem empfinde ich nach wie vor natuerliche lange Haare als attraktivste Variante, was allerdings auch mit meinem persoenlichen Schoenheitsideal zusammenhaengen koennte, das unbestreitbar von unserer westlichen Kultur gepraegt wurde. Montag war fuer uns ein sehr administrativ gepraegter Tag. Den gesamten Vormittag ueber planten wir moegliche Projekte und Aktivitaeten fuer unseren Kids und Youth Clubs, die wir an unserer Schule nach dem Vorbild unserer Vorgaenger weiterfuehren moechten. Insgesamt fassten wir 15 Projekte ins Auge, allerdings muessen diese auch noch mit dem Direktor und unserer Mentorin abgesprochen werden. Jener schrieben wir am Nachmittag auch prompt eine Email bzgl. ihres anstehenden Besuches am 21. September. Nach der erfolgreichen Stunde im Internet-Cafe war ich bester Laune und entschied den Rest des Nachmittags dafuer zu nutzen erstmalig nach meiner Verletzung ein ganz leichtes Laufprogramm zu absolvieren, mittlerweile war auch die vom Arzt verordnete Schonzeit vorueber. Zu meiner Erleichterung machte mein Knie absolut gar keine Probleme, zwar spuerte ich recht schnell die Ermuedung des Knies, aber ich konnte die Teile des Lauf-ABCs, an die ich mich noch aus Fussballerzeiten erinnerte, ohne Schmerzen und ohne Einschraenkungen durchlaufen. Besonders erfreulich war, dass ich nicht alleine laufen musste, denn ein kleiner Junge fand Interesse daran mit mir zu laufen, und wich nicht mehr von meiner Seite. Pakwuesi, der zehn Jahre alt ist und aehnlich stolze Schneidezaehne hat wie Ronaldinho, folgte mir auf Schritt und Tritt, wie ein Pantomime stets bemueht meine Bewegungen auf das Genaueste zu kopieren, was ihm groesstenteils auch gelang, lediglich beim "Ueber-Kreuz-Laufen" reichten seine koordinativen Faehigkeiten nicht aus und selbst meine Anleitungsversuche waren leider ergebnislos, was seinem Enthusiasmus aber keinen Abbruch tat. Nachdem ich mein leichtes Laufprogramm beendet hatte, bedankte ich mich bei ihm fuer die Gesellschaft und teilte ihm mit, dass ich am folgenden Tag wieder laufen wuerde, falls er denn Lust haette wieder mitzumachen. Dienstag brachen wir zu dritt, da Enrico noch immer an Malaria erkrankt war, direkt nach dem Fruehstueck auf, um moeglichst schnell an die Schule zu kommen, denn wir waren im Besitz der Schluessel zu mehreren Raeumen unter anderem auch dem Buero des Direktors, in welchem wiederum sich die Schluessel fuer weitere Raeume befanden, so dass alle von uns abhaengig waren. Bei unserer Ankunft stellten wir erleichtert fest, dass wir scheinbar nicht zu spaet waren, denn bis auf drei wartenden Lehrern und ein paar wenigen Schuelern war niemand da. Nachdem wir alle auf Fanti begruesst hatten, haendigten wir sofort die Schluessel ueber, damit die Klassenzimmer geoeffnet werden konnten. Kurz darauf kam auch der Headmaster, bevor wir ihm nicht ganz ohne Stolz unsere bearbeiteten Raeume zeigten, erkundigte er sich nach unser aller, aber natuerlich insbesondere Enricos Wohlbefinden. Wir waren noch nicht einmal eine halbe Stunde an der Schule, als Cora sagte es ginge ihr so schlecht, dass sie gerne nach Hause wolle, sie hatte sich die zwei Tage zuvor ueber Kopfschmerzen beklagt. Da sie Bugs' Angebot sie zu begleiten ablehnte entschieden Bugs und ich uns zu bleiben, so dass schlieslich Enrico Cora zum Krankenhaus begleitete musste, nachdem sie nach Hause gegangen war. Der Krankenhausaufenthalt sollte sich als um einiges langwieriger erweisen als Enricos erster Besuch, letztendlich verbrachten sie mehr als vier Stunden dort. Um letztendlich auch die Diagnose Malaria zu erhalten, und das obwohl sie regelmaessig ihre Prophylaxe genommen hatte. An dieser Stelle moechte ich noch einmal darauf verweisen, dass Malaria hier eine sehr haeufige Krankheit ist, die meisten Freiwilligen der ersten Generation waren waehrend ihres Jahres ein oder auch mehrere Male an Malaria erkrankt, selbst wenn sie, wie auch Cora, ihre Prophylaxe, Moskitonetze und Moskitosprays ununterbrochen benutzt haben, eine Garantie gibt es einfach nicht. Was im Umkehrschluss natuerlich auch nicht bedeutet, dass wir uns unnoetigen Risiken aussetzen, d.h. wir schlafen nach wie vor unter unseren Moskitonetzen etc. Waehrend Enrico und Cora also im Krankenhaus sassen, nahmen Bugs und ich an der ersten Lehrerversammlung des neuen Schuljahres teil, dabei zaehlte ich (Bugs und mich ausgenommen, den Headmaster miteingeschlossen) sechs Lehrer und sieben Lehrerinnen. Da der Headmaster das Zusammentreffen mit den Direktoren der umliegenden Schulen am Donnerstag abwarten musste, konnte er noch keine verbindlichen Aussagen bzgl. des Lehrplans und der Klassenzuteilung machen, weder fuer uns noch fuer die Lehrer. Er skizzierte wie er sich den Wochenverlauf vorstelle bis zum erneuten Treffen am Freitag, an welchem er die Ergebnisse der Direktor-Versammlung mit uns teilen wolle. Der wichtigste und umfangreichste Punkt der bis zum Ende der Woche erledigt sein musste war die Instandsetzung des Schulkomplex, sprich intensives Putzen aller Raeume, "Maehen" (mit Macheten) der Schulwiese und vorerst bis zum Treffen der Direktoren kein regulaerer Unterricht. Fuer uns und die Lehrer bedeutete das vor allem sitzen, beobachten und gelegentlich Anweisungen geben, wobei das lediglich die Lehrer taten. Nach ca. zwei Stunden entschieden einige der Schueler genug geputzt, genug Gras geschnitten zu haben und ein paar begannen Fussball zu spielen, waehrend andere noch immer fegten. Das Angebot des Headmasters jederzeit zum Mittagessen gehen zu koennen, nahmen wir dankend zu angemessener Zeit war und versprachen am folgenden Morgen wieder puenktlich zu erscheinen. Den spaeten Nachmittag verbrachte ich erneut mit einer leichten Laufeinheit, wobei Pakwuesi mich direkt vor unserer Haustuer erwartete, um mich zu begleiten. Allerdings blieb es dieses Mal nicht bei einem Begleiter, sondern im Laufe meines Programms wurden es immer mehr, auch wenn sie teilweise nur von der Seite "Obroni, Obroni" riefen. Durch die Anwesenheit der anderen Kinder abgelenkt, moeglicherweise durch ihr Beiwohnen auch seiner selbst bewusst geworden, stoppte Pakwuesi mit mir zu laufen und beschloss mir von der Seite zuzuschauen. An seiner Stelle folgte mir fuer zwei Runden um den Platz ein anderer Junge, dessen Name ich leider nicht erfuhr. Noch bevor ich mein Laufprogramm beendete okkupierten Pakwuesi und einige Altersgenossen unsere Veranda; dort taten sie in erster Linie zwei Dinge, zum einen drueckten sie sich ihre Nasen an unseren Fensterscheiben platt beim Versuch moeglichst viel vom Inneren unseres Hauses zu erkennen und zum anderen erwarteten sie meine Rueckkehr. Nachdem Bugs ihnen das Starren durch das Aufhaengen von Vorhaengen erschwert hatte und mein langsames Laufprogramm sich in die Laenge zog, wurden die Kinder ungeduldig und so rueckte ich wieder in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit und sie von unserer Veranda ab, nahe ans Fussballfeld heran. Kaum hatte ich mein Programm beendet, folgten mir alle Kinder bis an die Haustuer heran und nahmen nachdem ich eingetreten war, wieder ihre Beobachterstellungen an den Fenstern ein. Mein anschliessendes Fitnessprogramm unterbrachen, sie immer wieder durch "Klopf-Streiche", was dazu fuehrte, dass ich es fast schon bereute Pakwuesi am Tag zuvor gefragt zu haben, ob er erneut mit mir laufen wolle. Im Zuge ihrer "Klopf-Streiche" fragten die Kinder auch nach Geschenken fuer sie, diese Art von Betteln begegnet uns hier immer wieder. Das "Betteln" ist oftmals nicht einmal ernst gemeint. Insbesondere die Kinder fragen schlicht weg aus Prinzip den Weissen, ob er ihnen nicht Wasser, Essen, Geld, Computer, Spielzeug oder seine Kamera schenkt, unabhaengig davon, ob sie Hunger oder Durst haben, das Geld brauchen oder nicht, darum geht es nicht, es geht darum den "reichen Weissen" darum zu bitten. Normalerweise gehe ich nicht einmal darauf ein, doch dieses Mal war ich genervt und entschied deshalb die Rollen zu tauschen: Unabhaengig davon wonach sie mich fragten, ich behauptete es nicht zu haben, es aber gerne auch zu besitzen, und wenn sie es haetten sollten sie es mir doch bitte geben. Durch mein Verhalten verwirrt beschlossen die Kinder uns nicht weiter zu stoeren und zogen sich zurueck. Mittwoch verbrachten Bugs und ich, Enrico und Cora hatten Ruhe verordnet bekommen, einen nahezu ereignislosen Vormittag in der Schule, der lediglich durch den Einfallsreichtum einiger Schueler , die nach genuegend "Maehen" aus zwei Holzstaendern und einem Ast eine Hochsprung-Anlage bauten, und unserem Headmaster, der die Kindergartengruppe wie ein Hirte seine Schar schwarzer Schaefchen ueber das Schulgelaende leitete, erhellt wurden. Manch eine wuerde wohl sagen, drollig sei ein passender Ausdruck gewesen. Nachmittags wollten wir Maenner zwar alle ins Internet, aber nur Enrico schaffte es auch, fuer Bugs und mich gabs trotz langen Wartens keinen Computer. So dass wir das auf den folgenden Tag verschoben. Kurz vor dem Abendessen schaute Emmanual kurz mit seiner Babyschwester (gerade einmal zwei Monate) vorbei und zu unserer Freude weinte sie nicht angesichts unserer seltsamen Hautfarbe, selbst als Enrico sie auf den Arm nahm. Was mich dann zur Frage fuehrte, ob Babys mit zwei Monaten ueberhaupt bereits Farbunterschiede erkennen koennen. In jedem Fall stellte Enrico wieder einmal sein Cliche-Foto-Tauglichkeit unter Beweis. Den Donnerstagvormittag verbrachten wir drei Maenner in der Schule mit Gespraechen vor allem mit Jedro, dem wir auf Nachfrage unter anderem auch das deutsche dreigliedrige Schulsystem erklaerten oder es zumindest versuchten. Der spaetere Internet-Versuch stellte sich durch Stromnetz- und Ersatzgeneratorausfall als langwieriges und nervenaufreibendes Zwischenspiel heraus. Den gesamten Nachmittag verbrachten wir Maenner damit auf unseren Helfer Congo zu warten, der so liebenswert war uns beim Transport unserer Regale zu helfen, obwohl er gleichzeitig arbeiten musste; deshalb dauerte es auch bis nach sechs bis er endlich kam, aber da wir keine anderen Plaene hatten machte das auch nichts aus. Zusaetzlich zu unseren weiteren Regalen hatte Lawrence uns kostenlos einen Schuhstaender gefertigt, als Aufmerksamkeit fuer die bisherigen Auftraege. Freitagmorgen begaben wir uns zur Schule um der Lehrerversammlung beizuwohnen. Ein wichtiger Tagespunkt, neben der Klassenzuordnung, war die Ermahnung des Kollegiums zu mehr Disziplin durch den Headmaster, sehr deutlich machte er dabei, dass er es begruesse, wenn jegliche Berichte ueber Sachbeschaedigungen durch Dorfbewohner, Kritik jeder Art etc. ueber die richtigen Wege gehe, denn sonst verliefe es im Sand. Zudem verdeutlichte er, dass er Loyalitaet von und innerhalb der Lehrerschaft erwarte, ansonsten koenne die Schule nicht funktionieren. Da vor allem die restlichen Lehrer fast ausnahmslos auf Fanti zurueckgriffen, blieb mir einiges unerschlossen, doch ich vermute, dass die Schule innerhalb des Dorfes einen gewissen Widerstand erfaehrt. Weshalb die Lehrer auch angehalten sind, darauf zu achten was sie in Anwesenheit der Kinder ueber das Dorf, oder moegliche Sachbeschaedigungen/ Diebstaehlen von Dorfbewohnern sagen. Die Versammlung, die nach zwei Stunden Wartens begann, zog sich ueber mehrere Stunden hin, in welchen wir nur kurz zu Wort kamen und nur wiederholten, was wir die vergangenen Tage schon mit dem Headmaster besprochen hatten, naemlich, dass wir die ersten Wochen dem Unterricht beiwohnen moechten, um spaeter ggf. selbst zu unterrichten, unser Hauptaugenmerk aber auf dem Kids und Youth Clubs liege. Des Weiteren kamen die Lehrer zur Uebereinstimmung jeden zweiten Freitagnachmittag von uns Computerunterricht zu erhalten. Wie das gesamte Treffen ueber hielt sich dabei, das Engagement und die Begeisterung der Lehrer sehr in Grenzen. Das Ende der Versammlung bedeutete zugleich den Beginn des Volleyballspiels der aktuellen Schueler gegen Ehemalige, da wir leider unserer Gastmutter gesagt hatten, dass wir um 14 Uhr zum Essen daheim seien, mussten wir noch vor Ende des Volleyballspiels und lange vor Beginn des anschliessenden Fussballspiels (wieder aktuelle gegen ehemalige Schueler) den Heimweg antreten. Am Nachmittag konnte ich mich endlich mal wieder lange und ungestoert meinem Lauf- und Fitnessprogramm widmen. Fuer Samstag war ein Tag in Cape Coast einschlieslich Besichtigung des Castles angesagt, aber davon mehr das naechste Mal.
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