Dienstag, 8. September 2009

Fuer meine kulturelle Besonderheit der Woche habe ich mich fuer zwei Gegebenheiten entschieden, die ich als sehr markant empfinde. Jedem Besucher Ghanas faellt bereits am ersten Tag auf, dass die Menschen so gut wie nie Eimer, Kisten, Holz oder sonstige Gegenstaende einfach mit den Haenden tragen, sondern stets die betreffenden Sachen auf dem Kopf platzieren, dort balancieren und nur in seltenen Faellen mit den Haenden stabilisieren. Somit werden nahezu alle Objekte, von Wassereimern ueber zu verkaufende Items/ Essenswaren bis hinzu Werkzeugen, auf dem Kopf getragen, diese Praktik geht so weit, dass wir Jaeger teilweise mit ihren Waffen auf dem Kopf in den Busch marschieren oder von dort zurueckkehrend sehen. Beeindruckend ist die Geschicklichkeit der Menschen, die meist die Objekte direkt auf dem Kopf tragen, manche wickeln ein Tuch zu einem Kringel um es als Unterlage zu nutzen und so ihrem Kopf Erleichterung zu verschaffen.

Die zweite Besonderheit ist, dass ich hier bereits einigen Menschen begegnet bin und immer wieder begegne, die Narben im Gesicht tragen, was an sich nichts aufsehenerregendes ist, da ich ja auch durch filigranes morgendliches Verhalten mir eine offensichtliche Narbe an meiner linken Augenbraue zugezogen habe. Was die Angelegenheit jedoch erwaehnenswert macht ist zum einen die grosse Anzahl der Menschen, die solche Narben im Gesicht tragen, und zum anderen die Beschaffenheit der Narben. Manche tragen zwei Narben auf den Wangen, jeweils eine unterhalb des Auges auf Hoehe des Nasenfluegels, insbesondere diesen sieht man eindeutig an, dass sie keine Unfallursache haben, vielmehr weisen sie eine Symmetrie auf, die darauf schliessen laesst, dass es sich hierbei um praezise, zeremoniell zugefuegte Narben handeln muss. Auf Nachfrage bei Emmanual erklaerte er mir, dass vor allem Menschen aus dem Norden Ghanas solche Male tragen und, dass damit ihre Stammeszugehoerigkeit ausgedrueckt wird. Er fuegte hinzu, dass die Anzahl sehr unterschiedlich sein koenne, und es manche gebe, die sogar fuenf oder mehr solcher Stammesmale tragen.

Noch waehrend ich in unserem Stamm-Internet-Cafe sass, hoerte ich wie draussen das Festival zu Ehren afrikanischer Geschichte und Tradition, von dem Frank uns den Tag zuvor berichtet hatte, im Gange war. Kaum war mein Internetbesuch durch einen Stromausfall vier Minuten zu frueh sehr abrupt beendet worden, verliess ich das Internetcafe um den Umzug zu beobachten. Ich kann kaum sagen was beeindruckender war: Die Taenzer und Trommler, die jeden einzelnen der Chiefs begleiteten oder die Chiefs selbst, die reich geschmueckt sich unter Baldachinen in Saenften tragen liessen. Fasziniert von den Chiefs, der Musik, dem Tanz und den verkleideten Kindern und Jugendlichen, versuchte ich so viele Fotos wie moeglich zu machen um diese Momente festzuhalten. Nachdem ich den Festivalumzug ausgiebig betrachtet hatte, machte ich mich daran Cape Coast ein wenig auf eigene Faust zu erkunden. Leider machte mir gerade dabei das Festival einen Strich durch die Rechnung, da zusaetzliche Menschenmengen das freie Bewegen in den Strassen sehr einschraenkten. So stieg ich nur zu zwei etwas hoeher gelegenen Kirchen hinauf, um mal einen Blick von oben auf Cape Coast zu haben. Noch immer zog sich der Umzug durch die Strassen der ehemaligen Hauptstadt der britischen Kolonie Goldkueste. Doch ueber Cape Coast werdet Ihr im Laufe des Jahres noch genug zu lesen bekommen. Als ich bereits im Trotro auf dem Weg nach Mankessim sass und wir kurz davor waren Cape Coast zu verlassen, blickte ich aus dem Fenster und sah zu meinem Erstaunen einen Affen auf einer Hausveranda sitzen. Da wir in unsere WG untereinander immer wieder scherzen, wie bloed es sei, dass wir nie Affen sehen, weil das ja eigentlich der einzige Grund ist, weshalb wir hier sind, war ich dementsprechen gut gestimmt als Erster endlich einen Affen gesehen zu haben, was ich natuerlich insbesondere Bugs per SMS sofort unter die Nase reiben musste. Nur um abends eine SMS zu bekommen, dass er seinerseits auch Affen in Accra gesehen habe.

Zurueck in Ajumako beschloss ich den Rest des Nachmittags zu nutzen um das direkt hinter unserem Haus beginnende Buschland ein wenig zu erkunden; das dichte Gruen wird von einigen gut ausgetretenen Pfaden durchteilt und wirkt nur auf den ersten Blick unberuehrt, denn bereits hinter der zweiten oder dritten Biegung ist eine kleine gerodete Flaeche; nichtsdestotrotz beeindruckte mich das Dickicht aus Palmen, Bambus, Straeuchern und Baeumen, das die Schmetterlinge verschiedenster Farben und feingesponnene Spinnennetze beherbergt.
Den Rest des Wochenendes war Entspannen angesagt, die Ruhe geniessen, kleine Verbesserungen am Haus vornehmen bspw. bauten Enrico und ich endlich eine Vorrichtung fuer unseren Duschvorhang, was eine spontane Aktion am Sonntagmorgen war (noch vor dem Fruehstueck). Ausserdem startete ich ein persoenliches "Projekt" in unserem Haus, und zwar habe ich begonnen mir Fitnessgeraete zu bauen, es beschraenkt sich zwar bisher auf eine Vorrichtung fuer Klimmzuege und ein "Geraet" zum Training der Unterarme, aber das "Projekt" hat ja auch gerade erst begonnen und ist eine Ergaenzung zu den Uebungen, dich bereits ohne "Geraete" machen kann.

Sonntagmittag puenktlich zum Mittagessen kehrte Bugs aus Accra zurueck, erleichtert endlich aus der hektischen Hauptstadt zurueck im ruhigen beschaulichen Ajumako zu sein. Puenktlich um fuenf fanden wir uns dann mit Brian und Emmanual zum Qualifikationsspiel Ghana vs. Sudan im Wohnzimmer unserer Gastfamilie ein. Leider musste Enrico fuenf Minuten nach Anpfiff gehen, da er seinen Arzttermin am Montagmorgen in Accra wahrnehmen wollte und deshalb die Nacht bei anderen Freiwilligen in Accra verbringen musste. Der Sieg war aus ghanaischer Sicht eine ohne grosse Muehe erledigte Pflichtaufgabe, wodurch Ghana als erstes afrikanisches Land dieses Jahr (Suedafrika ist als Gastgeber automatisch qualifiziert) und zum zweiten Mal in der Geschichte Ghanas sich fuer die Endrunde einer Fussballweltmeisterschaft qualifizierte.

Montagmorgen hiess es dann mit Bugs zusammen die grobe Nachlaessigkeiten unserer Freitagshelfer auszubessern, so verbrachten wir den Vormittag damit das Alphabet zu vervollstaendigen und auszubessern. Als das erledigt war schlossen wir das Streichen mit der Ausbesserung der Aquariumswand fuer den Montag ab, zurueck in Ajumako besorgten wir Materialien fuer die naechsten Arbeitstage und fanden endlich einen Schreiner um uns Regale in der Wohnung zu installieren.
Dieses Mal war es Enrico, der es schaffte genau auf dem Weg zum Mittagessen wieder zu uns zustossen, auch er konnte seine Erleichterung wieder zu Hause zu sein nicht verbergen, insbesondere da das Wohnklima in der Freiwilligen-WG in Accra scheinbar sehr spannungsgeladen ist. (Ich habe bewusst "zu Hause" geschrieben, denn das ist Ajumako mittlerweile fuer uns geworden.) Waehrend ich den spaeten Nachmittag nutzte um mir im Buschland einen Bambusstamm zu faellen um diesen zu einer Hantelstange um zu bauen, bekamen wir Besuch von unserem Coach. Ich stiess ein weniger spaeter zum Gespraech dazu, weil ich wie gesagt im Buschland war. Hintergrund der Stippvisite war zum einen Enricos Verletzung, zum anderen aber auch eine Frage des Coaches an uns: Er moechte seine Spieler nicht nur auf dem Fussballfeld ausbilden, sondern auch ausserhalb des Platzes bilden. Da die meisten jedoch nach Senior oder sogar Junior High School ihre Schullaufbahn beendet haben, sind ihre Kenntnisse vor allem was Mathe und Englisch betrifft sehr eingeschraenkt, deshalb moechte der Coach mit Enricos und meiner Hilfe die Spieler zwei Mal in der Woche unterrichten. Beeindruckend wiederum war die Entschlossenheit des Coachs seine Spieler zu ihrem Glueck (Bildung) zu zwingen, denn wie er uns mitteilte, hatte er den Spielern gesagt, wer nicht am Unterricht teilnimmt, fliegt aus der Mannschaft. So vereinbarten wir Dienstag- und Donnerstagabend zusaetzlich zu unser offiziellen Projektstelle an der Schule in Ankukrom die Spieler ein wenig zu unterrichten und den Coach zu unterstuetzen.

Dienstagvormittag gestalteten wir, indem wir die Fenster und Tuerriegel reparierten/ bzw. austauschten, ausserdem ergaenzten wir unsere Meereswand mit einem Pottwalbaby, einem Hai und einem Rochen. An die gegenueberliegende Wand zeichnete Enrico eine Koerpergroessenleiste in cm und inch, so dass die Schueler sowohl das metrische als auch das britische System kennen lernen. Den Nachmittag planten wir mit Internetrecherche und privaten Emails etc. in unserem neuen Internet-Cafe hier in Ajumako zu verbringen.

1 Kommentar:

  1. Ihr braucht jemanden der immer pfeift wenn einer von diesen Omars in eure Hood kommt, is dir aber klar oder?

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