Den Samstag verbrachten Bugs, Enrico und ich in Cape Coast. Nach einem sehr ergiebigen zweistuendigem Besuch im Internet-Cafe, machten wir uns auf den Weg um die alte Sklavenburg zu besichtigen. In zynischem Weiss thront die Burg direkt am Meer, die Bucht ueberblickend. Ein Mahnmal der dunklen Geschichte des Kolonialismus, eine von 17 Festungen auf ghanaischem Boden, von denen es insgesamt 22 an der Kueste Westafrikas gibt. Nach einem Rundgang durch das Museum schlossen wir uns einer Fuehrung an. Diese fuehrte uns durch die bedrueckenden Kerker der Maenner, in denen vor 200 Jahren mehrere hunderte Sklaven auf ihren Abtransport warten mussten. Neben den spaerlichen Oeffnung, die die Gefangenen damals mit Licht und frischer Luft versorgt hatten, wurden fuer uns Besucher die Gemaeuer durch grelles elektrische Licht erhellt, bis der Guide zu Demonstrationszwecken das Licht abschaltete. Die Kerker hatten auch ein "Kanalisationssystem": Eine Rinne durchzog alle Raeume und fuehrte letztendlich ins Meer, jedoch war diese Rinne weder breit noch annaehernd steil genug um den Abfluss von Urin und Faekalien zu gewaehrleisten, so dass mit der Zeit sich alles mit dem Stroh und restlichen Abfaellen vermischte, festgetreten wurde und neue Bodenschichten bildete, die eine Dicke von 15 oder mehr cm erreichten. Der Gestank, von dem ueber die Jahrzehnte nichts uebrig geblieben ist, muss damals unertraeglich gewesen sein. Nach dem offiziellem Verbot des Sklavenhandels durch die britische Regierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts war in den 30er Jahren desselben Jahrhunderts der kleine Tunnel, durch den die Gefangenen zur "Door Of No Return" gefuehrt wurden waren, zugemauert worden. Bevor die Burg von Europaern errichtet wurde, befand sich an dessen Stelle ein religioeser Schrein der Einheimischen, dieser wurde in den Jahren nach Ghanas Unabhaengigkeit (1957) wiederrichtet und wird auch heute noch aufgesucht, pikanterweise befindet er sich direkt vor dem ehemaligen Tunneleingang in den Kerkerraeumen der Maenner. Nachdem wir wieder nach oben in den Festungshof, dort nahmen die Sklaven einmal am Tag an frischer Luft Nahrung und Wasser zu sich, gefuehrt worden waren, erlaeuterte unser Guide die Hintergruende der sich dort befindlichen drei Graeber. Eines davon beherbergt eine Frau eines britischen Kolonial-Governors, die Suizid beging, weil ihr Mann eine ghanaische Mistdress hatte, das zweite war ihr spaeter verstorbene Ehemann und das dritte war ein Ghanaer, dessen Vater sich durch Sklavenverkaeufen an den Briten verdient gemacht hatte. Nach Besichtigung der Festungsmauer und wenigen Minuten fuer Fotos, wurden wir zu den Kerkern der Frauen gefuehrt und die sich direkt neben der "Door Of No Return" befinden. Neben dem Weg, der von der "Door Of No Return" zum Meer fuehrt, fuehrt eine Treppe die Festung hinauf, diese wurde damals jedoch nur von Personal, Kolonialherren und offiziellen Gaesten benutzt, fuer Sklaven gab es wie der Name schon sagt keine Rueckkehr. Wer die Zeit in den Kerkern ueberlebt hatte, dem stand eine lange "Reise" mit bis zu 600 weiteren Sklaven im stickigen Bauch eines Schiffes bevor. Wie viele diesen Transport ueberlebten hing stark von der Laenge der Fahrt, moeglichen Krankheitsausbruechen, der Brutalitaet der Schiffsbesatzung und weiteren Faktoren ab. Mit der Eroeffnung der Burg als Museum wurde die "Door Of No Return" fuer Besucherzwecke um das Schild "Door Of Return" ergaenzt. So traten wir zurueck in die Festung und schlossen unseren Rundgang mit einer Besichtigung der Punishment- und der separaten Condemned-Zelle ab. Waehrend man in der Punishment-Zelle noch Nahrung und Wasser bekam, war die Condemned-Zelle eine reine Todeszelle, in der unkontrollierbare Sklaven, ohne Nahrung, Wasser und Luft eingesperrt wurden, bis sie entweder verdursteten, verhungerten oder erstickten. Von den unmenschlichen Qualen zeugen die wenigen noch uebrigen Kratzspuren an den Waenden, die zunehmend von Zeit und Besuchern in Mitleidenschaft gezogen werden. Fuehlte ich mich in jedem der Kerker unwohl, so fuehlte ich in dieser "Zelle" eine Kaelte, die mich auch nach dem Zuruecktreten in die Tagessonne fuer einige Minuten nicht verlassen wollte. Unser Tour-Leiter erzaehlte uns zudem, dass zynischerweise direkt ueber dem Kerker der Maenner, nur durch eine Schicht Gestein getrennt, eine Kirche der Kolonialherren gelegen war und es eine Oeffnung gab, durch die alle Kirchengaenger vor Betreten der Kirche unweigerlich die Sklaven sah. Wir er es passend ausdrueckte, Himmel und Hoelle nur durch wenige Steine getrennt. Nach Ende unserer Fuehrung nutzten wir die Gelegenheit um weitere Fotos zu machen und betrachteten unter anderem auch die Plakette zu Ehren des amerikanischen Praesidenten Barack Obama und der First Lady, die bei deren Besuch Ghanas im Juli auch das Castle besucht hatten.
Vom Castle aus machten wir uns auf noch einige kirchliche Bauten zu betrachten und im Anschluss erledigten wir Einkaeufe fuer unseren Wohngemeinschaftsbedarf. Am Abend, zurueck in Ajumako, sah ich mich gezwungen mir einzugestehen, dass ich wahrscheinlich ein Fieber hatte, was mir das Fieberthermometer mit 38,6 bestaetigte; da ich keinerlei Mueckenstiche hatte, konnte ich von vornherein Malaria ausschliessen und vermutete einen Sonnenstich, weil ich freitags ausgiebig Sport in der Sonne betrieben hatte, als es am Sonntag, der zwar ohne Fieber oder weitere besondere Vorkommnisse vorbei ging, jedoch anfing zu flitzen war mir klar, dass es sich nicht um einen Sonnenstich handeln konnte. Ich beschloss den kommenden Tag abzuwarten und dann ggfs. das Krankenhaus in Asikuma aufzusuchen.
Am Montag, Ende des Ramadan, deshalb ein staatlicher Feiertag (fiel dieses Jahr mit dem 100. Geburtstag Kwame Nkrumahs zusammen) besuchte uns unsere Mentorin. Anlass ihres Besuches war zum einen die Checks fuer die kommenden Monate und zum anderen unsere Projekteplaene ueber die sie von einer Freiwilligen aus Accra zweifelhafte Informationen erhalten hatte und deshalb sicher gehen wollte, dass wir keinen Bloedsinn treiben bzw. planen. Durch ausgearbeitete Plaene zu mehr als 15 Projekten und Nachweisen der bereits verrichteten Arbeit konnten wir jedoch muehelos jegliche Bedenken zerstreuen und sie davon ueberzeugen, dass wir unsere Zeit sinnvoll nutzen. Nachdem wir uns noch nach den Neuankoemmlingen erkundigt hatten machte unsere Mentorin sich auch schon wieder auf den Weg, leider ohne unsere Buchbestellungen zu ueberreichen, denn die hatte sie in Accra vergessen. Spaeter am Nachmittag schaute noch einmal der Fussballcoach vorbei um sich zu vergewissern, dass alle Verletzungen verheilen bzw. bereits verheilt sind, des Weiteren bekraeftigte er noch einmal seine Ambition seine Spielern zu unterrichten.
Die Nacht von Montag auf Dienstag war fuer mich eine sehr unruhige und mehrmals unterbrochene Nacht, denn mein Magen-Darm-Trakt hatte sich noch immer nicht beruhigt. Dementsprechend beschloss ich nach dem Fruehstueck direkt ins Krankenhaus zu gehen; dorthin begleitete mich Enrico, der sich dort mittlerweile bestens auskennt da er selbst schon Patient gewesen war und auch Cora begleitet hatte. Dankbar fuer die Begleitung reihte ich mich in die lange Schlange der Wartenden ein. Nach Anmeldung, obligatorischem Wiegen und Blutdruckmessen kam ich nach einiger Zeit endlich zum behandelnden Arzt, der mich nach kurzem Gespraech mit einem Rezept direkt an die hauseigene Apotheke verwies, so dass ich meinen Krankenhausbesuch innerhalb von drei Stunden erledigte hatte, auch wenn es mir eher wie fuenf vorkam. Zuhause erfuhren wir von schockierenden Erlebnissen in der Schule, Bugs war von einer gigantischen gruenen Schlange (ca. 50 cm) "attackiert" worden, und konnte nur durch das beherzte Eingreifen der Schueler, die so lange mit Stoecken und Steinen auf die "Monsterschlange" einschlugen bis sie tot war, gerettet werden. In seinen spaeteren Berichten wuchs die Schlange um mehrere Meter. Wirklich aergerlich hingegen war, dass der einzige Schulcomputer nicht mehr funktioniert und wir nun erst einmal versuchen muessen diesen zu reparieren.
Mittwochs verblieb ich zu Hause, da mein Magen trotz Antibiotika mir noch immer Beschwerden bereitete, auch wenn diese minimal waren. Waehrend ich also mich durch intensive Schlaftherapie auskurierte, begannen Bugs, Enrico und Cora erstmals selbst zu unterrichten. Wobei sich Berichten zufolge insbesondere Enrico als Mathelehrer hervortat. Am Nachmittag mussten Cora und ich nach Swedru um bei der dortigen Poststelle unsere Pakete abzuholen, zu meiner Ueberraschung musste ich nur eine geringe Empfangsgebuehr von 5,40 Ghana Cedi zahlen. Meine Stimmung, durch meinen gesundheitlichen Zustand zuvor ein wenig gedrueckt, hob sich schlagartig. Wobei die blosse Tatsache ein Paket von daheim zu erhalten mindestens genauso grossartig war, wenn nicht sogar grossartiger als der Inhalt: Fussballschuhe, Schienbeinschoner, Michael Jackson Songs, eine sehr gute Zeitungsbeilage zum Thema Afrika und Entwicklung und vor allem Nutella. Donnerstags genossen wir das Fruehstueck mit Nutella und brachen danach zur Schule auf, wo auch ich erstmals ein wenig Mathe unterrichtete. Leider machte sich bereits am zweiten Tag unserer Unterrichtstaetigkeit unter den Lehrern scheinbar das Gefuehl breit, dass sie dadurch aus der Verantwortung genommen werden und sozusagen frei haben. Deshalb wollen wir in den kommenden Wochen unsere Aufmerksamkeit vor allem den Nachmittagsaktivitaeten, sprich Youth und Kids Club, zukommen lassen. Am Nachmittag machten wir Besorgungen fuer die anstehenden Projekte und verbrachten anderthalb Stunden im Internet-Cafe.
Teilten Enrico und ich uns am Donnerstag noch eine Matheklasse, uebernahm am Freitag jeder eine eigene Klasse, waehrend er erneut Mathe (lineare Gleichungen) unterrichtete, sprang ich fuer den abwesenden Englischlehrer ein. Auch wenn ich im Endeffekt nicht so viel schaffte wie ich mir erhofft hatte, hat es mir richtig viel Spass gemacht mit den Kindern zu arbeiten, die mir gegenueber sehr hoeflich und insgesamt leicht zu handhaben waren (Cora hingegen hatte da als einzige von uns Probleme). Waehrend ich aufgrund meines Krankenhausbesuchs am Dienstag die Schlange, sowie deren Toetung verpasst, wurde ich freitags selbst Zeuge des Eifers der Schueler Schlangen zu toeten unabhaengig davon, ob eine reelle Gefahr von der Schlange ausgeht oder nicht. Dieses Mal war die Schlange ein wenig groesser als 50 cm, aber noch immer keine ernstzunehmende Gefahr fuer irgendjemanden. Natuerlich ist mir nichtsdestotrotz bewusst, dass auch kleine Schlangen giftig und gefaehrlich sein koennen und folglich nehme ich das auch nicht auf die leichte Schulter ;)
Auf dem Nachhauseweg fielen mir die dunklen Wolken auf die sich ueber unserer Region tuermten und bereits im Trotro spuerte man den heftigen Wind, kaum waren wir aus dem Trotro ausgestiegen begann es zu schuetten, wir konnten uns noch gerade rechtzeitig in einer nahen Schule unterstellen. Von dort beobachteten wir trocken und geschuetzt, wie Regen und Wind um uns herum tobten. Von einem echten Sturm zu sprechen waere wahrscheinlich zu viel, aber der Wind drohte durchaus einige der Wellblechdaecher abzudecken und wie wir spaeter sahen, waren in unsere Allee einige kleinere Aeste runtergekommen. Unglueckerlicherweise hatte ich am Abend zuvor gewaschen und meine Waesche zum Trocknen rausgehaengt, welche nun natuerlich wieder pitschnass war.
Fuer Samstag planten wir in den Kakum-Nationalpark zu gehen, aber davon lest ihr dann demnaechst.
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na da habt ihr ja langsam richtig action :D! schlangen töten !
AntwortenLöschenwas ist mit der feier zum 3. oktober?
AntwortenLöschengrüße aus elmina, von der, die deinen blog liest, aber noch auf die schilderung des letzten wochenendes wartet.
gegen "Flitze" helfen auch Aktivkohletabletten! Hast Du noch welche? Gruß aus W'tal, Wolfgang
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