Nach den drei Eintraegen zur Weihnachtsreise werde ich mich nun wieder den diversen Alltagserlebnissen und meinen Arbeitserfahrungen, also meinem regulaeren Aktivitaeten als Freiwilliger zu wenden.
Den Abschluss fand unsere Reise am 5. Januar mit der Rueckkehr von Lome ueber Accra nach Ajumako. Wir waren noch nicht einmal in Accra angekommen, da erreichte Enrico ein Anruf unserer Entsendeorganisation bezueglich des am 11.1. beginnenden Zwischenseminars. Aufgrund unzureichender Netzverbindung waren wir trotz Anrufs auf die eigentliche Email angewiesen. Auf das Zwischenseminar, das von Montagnachmittag bis Freitagmittag an einem See nahe Kumasi stattfand, werde ich nicht explizit eingehen, nur so viel sei gesagt, meine Befuerchtungen von Kuschelpaedagogik ueberwaeltigt zu werden hat sich gluecklicherweise nicht bestaetigt.
Zwar hatte der regulaere Schulbetrieb auch am 11.1. begonnen, aber unsere Kids und Youth Clubs konnten bedingt durch unsere Abwesenheit erst am 18.1. wiederaufgenommen werden. Doch auch dieser Start wurde uns erschwert, denn in der Nacht von Sonntag (den 17.1.) auf Montag wurden wir um kurz nach drei Uhr morgens von unseren Nachbarn geweckt. Ajumako, wie der Rest der Central Region war in heller Aufruhr, denn irgendjemand hatte das Geruecht eines Erdbebens publik gemacht, woraufhin grosse Angst herrschte. Nach einer ereignislosen halben Stunde entschlossen unseren Nachbarn (deren Sohn per Anruf aus Accra die Erdbebenwarnung erhalten hatte) wie auch wir uns ins Bett zurueckzukehren.
Am Morgen erfuhren wir dann aus den Medien sowie durch Gespraeche mit Lehrern, unserer Gastfamilie und Freunden, dass es sich wie wir vermutet hatten nur um ein Geruecht gehandelt hatte, was insbesondere angesichts der grossen Katastrophe in Haiti sehr makaber war.
Den Montagvormittag nutzten wir um an unseren beiden Schulen vorbeizuschauen und somit zu verdeutlichen, dass wir von Reise und Seminar zurueck seien und von nun an das Nachmittagsprogramm wieder nach bekanntem Muster ablaufen werde.
Am Montagabend nahmen sich unsere Gasteltern Zeit, um sich nach den ersten noch nicht ganz sechs Monaten mit uns zusammenzusetzen und zu erfahren, ob wir irgendwelche Probleme, Verbesserungsvorschlaege oder sonstige Anliegen haetten, ob uns das Essen, denn auch wirklich schmeckt und was eigentlich unser ghanaisches Lieblingsessen sei, damit das haeufiger gekocht werde. Ausserdem sollten wir berichten, ob wir uns in unserer Wohnung, auf dem Gesdi-Komplex und Ajumako an sich wohlfuehlen und was fuer Erfahrungen wir gemacht haben. Alles in allem war es ein sehr schoener Abend, der uns einmal mehr zeigte wie viel Glueck wir haben bei einer solch fuersorglichen Gastfamilie untergebracht zu sein. Ausserdem erklaerte unser Gastvater uns am Abend, dass die naechtliche Angst nicht der erste Fall einer solchen Panikmache gewesen sei, so erzaehlte er, dass waehrend der Jahrtausendwende die grosse Angst herrschte das Ende der Welt herbeigefuehrt durch einen gewaltigen Meteorit stuende unmittelbar bevor. Waehrend des "Erdbebens" hatten sowohl unsere Gastschwester, als auch unser Freund Frank ihre Handys abgeschaltet, um dann am naechsten Morgen uns bzw. unseren Gastvater zu fragen, ob dies gerechtfertigt sei. Was das Erdbebengeruecht nur zusaetzlich als ebensolches absichtlich gestreutes entlarvte, denn dieser "Tipp" diente lediglich dazu die Aufklaerung des Geruechts zu verlangsamen.
Am Dienstag wurden Bugs und ich (Enrico war krankheitsbedingt zu Hause geblieben) Zeugen wie nahezu alle anwesenden Schueler der Grundschule in Ankukrom mit dem Rohrstock geschlagen wurden. Auf meine Anfrage hin erlaeuterte eine der Lehrerin, dass die Kinder geschlagen werden muessten, da sie sonst nicht zur Schule kaemen, aber dies nur in der ersten Woche so sei, weil da die Diszplin punektlich oder ueberhaupt zur Schule zu kommen besonders gering sei. Des Weiteren sei die sonstige Strafe, Steine in einem Behaelter von einer Stelle zu einer anderen Stelle zu schleppen aufgrund Steinmangels derzeit nicht praktikabel und habe nicht den gleichen Abschreckungswert.
Nach wie vor stehe ich der Disziplinierung durch Schlaege unveraendert kritisch gegenueber, aber insbesondere das Zwischenseminar, Teil dessen ein Vortrag zur ghanaischen Erziehung war, hat mir einmal mehr ins Bewusstsein gerufen, dass die Verflechtung von traditioneller (welche die koerperliche Disziplinierung fuer Ungehorsam grossflaechig praktiziert) und moderner Erziehung in Ghana sehr tiefgehend sind und vorerst nicht zu trennen sein werden. Ausserdem ist es auch in Deutschland noch nicht so lange her (vielleicht 60 Jahre?), dass auch dort in Schulen der Rohrstock ein anerkanntes und geschaetztes Erziehungsmittel war.
Nach dieser unerfreulichen Episode gestalteten wir den Nachmittag die Mitglieder unseres Kids Clubs sehr entspannt, waehrend Bugs nach einander Einzelgespraeche fuehrte damit wir einmal Rueckmeldung und Wuensche von unseren Teilnehmern bekommen konnten, durfte der Rest wahlweise mit mir unser selbstgemachtes Memory-Spiel spielen oder einfach kreativ, frei malen, was sich so gestaltete, dass die Kinder ihre Schulhefte zur Hand nahmen und die darin abgedruckten Motive malten, so viel zum 'kreativen, freien Malen'. Allein die Moeglichkeit Buntstifte zu benutzen erfreute unsere Kinder so sehr, dass ich den Nachmittag trotz allem als gelungen betrachtete. Kleine Randbemerkung, ein haeufiges Motiv der Kinder war die Ghana-Fahne, und auch sonstige Gegenstaende wurden moeglichst in den Nationalfarben gestaltet.
Die folgenden Tage verbrachten wir alternierend in Abowinum oder Ankukrom mit unseren verschiedenen Kids und Youth Clubs, wobei wir in Abowinum stets damit rechnen mussten zu einem leeren Schulgelaende zu kommen (einmal bewahrheitete es sich), da die Direktorin nicht anwesend war, weshalb sich auch die Lehrerschaft scheinbar nicht verpflichtet fuehlte den Unterricht in voller Laenge durchzufuehren.
Waehrend die Zeit, von den mittaglichen Diskussion ueber den Untergang des Westens mal abgesehen, recht ereignis- und ueberraschungslos verlief, geschah an einem dieser Tage etwas vollkommen Unerwartetes, mich erreichte eine Paketbenachrichtigung der ghanaischen Post, der Zettel gab als Herkunftsort 'Dossenheim' an. Es durfte doch nicht, es sollte doch nicht, es konnte doch nicht das Paket meiner Familie sein, das von ihnen bereits am 2. November abgeschickt und wenige Wochen spaeter als verloren aufgegeben worden war. Noch musste ich mich gedulden, denn als Abholtermin war der 27.01. angegeben worden.
Freitagabend (22.01.) folgten Enrico und ich einer Einladung nach Asikuma, Bugs hatte fuer den Folgetag einen Trip nach Accra geplant, weshalb er keine Lust verspuerte uns zu begleiten. Hannah und Larissa waren gewohnt souveraene Gastgeber und wir verbrachten einen sehr angenehmen, lustigen Abend. Beim Austausch der verschiedensten Geschichten aus den letzten Wochen wurde mir richtig bewusst, wie viel doch in den knapp fuenf Wochen, seitdem wir die beiden das letzte Mal gesehen hatten, passiert war, wie viel wir alle erlebt hatten. Samstagvormittag nutze Enrico die Gelegenheit um ein paar Lieder, die in keinem Haushalt fehlen duerfen (Junimond, Wind Of Change, Smells Like Teen Spirit, Conquest Of Paradise.....) der beiden auf einen USB-Stick zu packen und nachdem wir uns noch den Spiegel-Jahresrueckblick 2009, sowie eine etwas aeltere Spiegelausgabe ausgesucht hatten, machten wir uns auch schon wieder auf den Rueckweg, denn die beiden erwarteten noch weiteren Freiwilligenbesuch.
Somit hatten die beiden uns nicht nur einen Abend und Morgen lang blendend unterhalten, sondern durch die journalistischen Leihgaben zusaetzlich gewaehrleistet, dass wir bis zum Erhalt unserer literarischen Verpflegungspakete versorgt waren. Den Rest des Samstags brachten Enrico und ich mit der Lektuere der Magazine zu, allerdings beschraenkte sich das Zeitvertreibsprogramm nicht nur darauf, denn seit dem 11.01. findet der Africa Cup in Angola statt (fuer alle die keine Fussballfans sind, das ist das afrikanische Pendant zur Europa-, Asien- oder Suedamerikameisterschaft). Ueberschattet wird der Africa Cup schon vor Beginn des Turniers durch eine toedliche Attacke angolanischer Rebellen auf den Mannschaftsbus der togolesischen Nationalmannschaft, was fuer weltweites Aufsehen sorgte. Waehrend ich den Blogeintrag verfasse spielt gerade Algerien gegen Aegypten im zweiten Halbfinale, nachdem sich Ghana im ersten Halbfinale am Nachmittag einen schmeichelhaften 1:0 Sieg gegen Nigeria ermauert hat. Bisher war die Attacke auf den togolesischen Bus der einzige Vorfall dieser Art und es bleibt zu hoffen, dass sich daran nichts aendert.
Sonntags machten wir den ueberfaelligen Gross-Neujahrsputz, der es vermochte selbst verloren geglaubtes zu Tage zu bringen. Im Anschluss daran widmeten wir uns wieder dem Lesen, dem Schreiben oder dem Spielen. Wir nennen Ajumako nicht ohne Grund 'Die Insel der Glueckseligkeit'.
Montag, der 25. Januar, markierte, so errechnete es Enrico, den 183. Tag unseres Freiwilligenjahres und somit die Ueberschreitung der Haelfte der 365 Tage. Hinsichtlich des exakten Datums der Halbzeit entschied ich mich aber doch fuer den 27.01., denn schlieslich war mein Ausreisetermin der 27.07.09 und der endgueltige Einreisetermin wird der 27.07.10 sein.
Zwischen diesen beiden Halbzeitstagen lag aber noch ein Dienstag und der war ein besonders freudiger fuer mich, denn entgegen meiner Erwartungen erreichte mich der literarische Verpflegungsumschlag meines Onkels bereits eine Woche nach Aufgabe in Deutschland. Dieser Umstand liess mich sogar die Ernuechterung des Nachmittags, als wir in Ankukrom trotz Unterstuetzung der Lehrer mit den Schuelern nur einen geringen Teil des Dorfes von Muell bereinigen konnten, schnell vergessen.
Fuer Mittwoch stand nun die grosse Frage im Raum, ist es wirklich das verschollen geglaubte Paket? Wenn ja, in welchem Zustand wird es sein? Nachdem wir durch starken Regen unseren Weg zum Mittagessen gefunden hatten, hiess es danach fuer Enrico und mich ab nach Swedru zum Paketabholen. Wer sich eben ueber das Wort 'Regen' gewundert hat, dem sei versichert er hat sich nicht verlesen, denn was ich schon im November (eigentlicher Beginn der Trockenzeit) ahnte, als es mehr regnete als im Oktober (eigentlich letzter Monat der Regenzeit) wurde mittlerweile durch viele Regenguesse und unsere Gastmutter bestaetigt, dieses Jahr gibt es irgendwie keine echte Trockenzeit, aber macht auch nichts.
Im Trotro auf dem Weg nach Swedru, meine Kleidung war noch nicht wieder zur Gaenze getrocknet, setzte der Regen aufs Neue ein, aber macht auch nichts, bei unserer Ankunft in Swedru war der Regen vorueber.
Die Uebergabe des Paketzettels erfolgte ungefaehr um 14.00 Uhr, die Paketuebergabe selbst jedoch erst weit nach 16.00 Uhr, was aber in Anbetracht der Menge an Postkunden an diesem Tag, mich nicht weiter erstaunte, dementsprechend gleichmuetig wartete ich auf meinen Aufruf. Ganz anders ein anderer Herr, den ich aufgrund seines unverkennbaren Akzents als Deutschen identifizierte, der seinen Zettel zu einem spaeteren Zeitpunkt abgegeben hatte, aber nichtsdestotrotz eine unglaubliche Ungeduld und Getriebenheit an den Tag legte, die ausser zu meiner Heiterkeit beizutragen nichts weiter bewirkte.
Als ich dann aufgerufen wurde und mein Paket sah, war ich ueberrascht es in makellosem Zustand zu sehen, keine eingebaeulte Stelle, kein Riss im Verpackungspapier, keine Spuren einer wochenlangen Irrfahrt durch die Poststellen dieser Welt. Wie war das moeglich? Die einzige Erklaerung, die mir plausibel erschien, war, dass es versehentlich per Schiff und nicht per Flugzeug von Deutschland nach Ghana transportiert worden war. Wie dem auch sei, ich hatte mein Paket und einmal mehr hatte sich Geduld in Ghana als wahre Tugend erwiesen.
Donnerstags beendeten wir im Youth Club unser Erdkunde-Projekt, das dreiteilige Unternehmen hatten wir vor den Weihnachtsferien begonnen. Zuerst vermittelten wir den Kindern anhand einer nachgezeichneten Weltkarte einen Ueberblick ueber die Kontinente, Ozeane sowie ein wenig Grundwissen bezueglich der klimatischen Zonen. Teil 1 schlossen wir damit, dass wir jeden auf einen Punkt auf der Karte zeigen liessen und diesen markierten, zu Hause ermittelten wir dann welches Land sie dabei aufgezeigt hatten.
Ueber dieses Land holten wir Informationen ein, vereinfachten sie ein wenig und im zweiten Teil mussten die Kinder aus den gegebenen Informationen die wichtigsten extrahieren um diese den anderen zu praesentieren.
Teil drei bildete die letzte Praesentationsrunde, im Anschluss daran haengten wir die Weltkarte, versehen mit Bildern von Besonderheiten der einzelnen Laender an die Wand des Klassenzimmers. Zwar habe ich Zweifel, dass sie sich merken konnten, bspw dass die Hauptstadt Kasachstans Astana ist, oder Daenemark das zweitfriedlichste Land der Welt (nach Neuseeland), aber wie immer bleibt die Hoffnung, dass sie sich zumindest an etwas erinnern werden. Bei einem Schueler (er hatte auf den Flecken Perus gezeigt) bin ich mir sicher, dass er zumindest den Namen Machu Pichu nie vergessen wird, und nach Sehen des Fotos vielleicht auch nicht wie es aussieht.
Freitag, 29. Januar 2010
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